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An Carl Friedrich von Reinhard

[27. Februar 1825.]

Beyliegendes, auf ein für mich bedeutendes Geschäft hindeutend, darf nicht abgehen, verehrtester Freund, ohne Dank für Ihr letztes wahrhaft gehaltvolles Schreiben. Könnten Sie mich mit unserm werthen Canzler im vertraulichen Gespräch überraschen; so dürfte es nicht fehlen daß Sie Ihren Namen und Ihre Angelegenheiten bey uns in traulicher freundlicher Bewegung fänden. Wäre unser Antheil kräftig genug, so würden Sie längst von allen den unerfreulichen Bildern, denen wir auch nicht die geringste Gegenständlichkeit zuschreiben können, befreit seyn; ja wir stellen uns vor daß wenn Sie sich recht vollkommen unsre Liebe und unwandelbare Anhänglichkeit denken wollten, so müßten solche Trugbilder längst unwiederbringlich vertrieben seyn.

[124] Die genaue Beschreibung der Scheinbilder, wie sie sich in Ihrem Auge erzeugen und verwandeln, war mir höchst willkommen; denn es erweist sich daraus: daß dieselbige gesetzliche Operation bey verschiedenen Menschen sich nur verschieden modificire, wodurch wir denn über so ungewisse Dinge doch einigermaßen gewisser werden.

Meine Stunden gehen in großer Gleichheit hin; ein Stück Kunst und Alterthum ist beynahe abgedruckt, anderes auf andere Weise gefördert; und so sind die kurzen Tage überstanden, auch die so vielen Menschen verderblichen letzten Wochen.

Möge, da sich für den jungen Fürsten so schöne Aussichten hervorthun, den lieben Ihrigen das Gleiche werden. Bewahren Sie mir ein geneigtes Abdenken, indeß ich mir vorbehalte es von Zeit zu Zeit durch gelegentliche Mittheilungen zu erneuern und zu beleben.

treulichst

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

So eben, verehrtester Freund, vernehme mit einiger Bestimmtheit daß ein an die hohe Bundes-Versammlung von mir gerichtetes Schreiben nächstens zum Vortrag gelangen werde.

Ich bitte darin um ein Privilegium von jener hohen Stelle für die neue Ausgabe meiner sämmtlichen Werke, welches mich vor dem feindseligen Nachdruck, [125] der den deutschen Autoren alles billige Verdienst ihrer Arbeiten verkümmert, fernerhin schützen möge.

Und nun halt ich es für Freundespflicht, welche dießmal mit einem äußern Vortheil übereintrifft, Ihnen, Verehrtester, hievon Erwähnung zu thun, in der Voraussetzung, daß Sie, an Ihrer Stelle, nach dem mannichfaltigen Einfluß welchen Sie ausüben, dieser Angelegenheit, wie es sich schicken will, freundlich gedenken und auf thuliche Weise dieselbe zu fördern geneigt seyn möchten. Ich bin auf wunderbarem Weg, fast ohne mein Zuthun, zu diesem Schritt geführt worden, den ich nicht gethan haben würde, wenn ich mich höchster Begünstigung nicht zum Voraus erfreuen dürfte.

Wahrscheinlich komm ich Ihnen im Angesichte des deutschen Reiches etwas wunderlich vor; doch gibt es ja wohl auch Fälle wo Einsiedler aus ihrer Klause nicht ohne Glück vor Fürsten und Herren getreten sind. Überhaupt aber, um aufrichtig zu seyn, so möchte dieß Geschäft meinen Jahren nicht ganz proportionirt erscheinen; auch ist mir nur darum zu thun, da alles ziemlich geordnet liegt, es einzuleiten und zu gründen. Unsere Nachfahren müssen auch etwas zu thun haben. Und so, in Erwartung immer gleichen Sinnes

treu angehörig
Weimar den 27. Februar 1825.
J. W. v. Goethe.

[126] Ich weiß, daß mir nichts angehört
Als der Gedanke, der ungestört
Aus meiner Seel' will fließen,
Und jeder günst'ge Augenblick
Den mich ein liebendes Geschick
Von Grund aus läßt genießen.
Febr. 25.
Goethe.

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