44/176.
An Friedrich Theodor von Müller
[18. Juli 1828.]
Ew. Hochwohlgeboren
haben mir eine dauernde Freude bereitet durch den gründlichen Antheil an dem letzten Hefte Kunst und Alterthum. Es gab mehr Mühe gekostet als andere und zwar wegen des mannichfachen Zudrangs; ich hätte leichter ein zweytes Stück gefüllt als so Vielfaches für dieses zu verkürzen. Wohlthätig ist es daher, wenn sich eine solch treugemeinte Thätigkeit auch gegen die eigentlichen Leser wirksam erweis't.
Den übersendeten Aufsatz habe noch nicht wieder gelesen; die Ereignisse so vieler Jahre mir wieder hervorzurufen will ich einen ganz ruhigen Augenblick abwarten. Indessen habe ein Exemplar dem deshalb sehr dankbaren Kreise der hiesigen Honorationen eingehändigt.
Beyliegend erhalten Sie ein Schreiben an Herrn v. Beulwitz; es ist eine Erwiderung eines Briefes, den er mir unter dem 28. Juni d. J. von Pawlowsk in Auftrag unserer gnädigsten Herrschaften schrieb, der mich in den traurigsten Augenblicken höchlich erquickte. [212] Ew. Hochwohlgeboren, aufmerksam auf alle Schritte unserer Rückkehrenden, werden gewiß den schicklichsten Augenblick finden, das Schreiben in seine Hände gelangen zu lassen.
Die lateinische einladende Inschrift hatte ich mir nach meiner Art einstweilen folgendermaßen übersetzt:
Diese wenigen Zeilen haben einen ganz eigenen Einfluß auf meinen hiesigen Aufenthalt gehabt; es ergibt sich hierbey ein gar hübsches Beyspiel, wie vernünftig wohlwollende Worte auf Jahrhunderte hinaus wirken. Es faßt sie immer wohl einer wieder auf, um sie entweder direct oder symbolisch sich sinnig anzueignen.
Die Abgabe des Leßmannischen Romans ist bestellt und wird, hoff ich, nächstens bewirkt werden.
Gegenwärtiges wird durch den Wagen Sonnabend früh hineingebracht, welcher Sonntag in aller Frühe wieder zurückfährt. Dagegen könnte immer etwas Vorräthiges gefällig zugesendet werden.
Damit nun aber das Paquet geschlossen werden könne, endige hier und wiederhole meine Bitte, mich nicht lange ohne Mittheilung zu lassen.
Gehorsamst J. W. v. Goethe. [213]