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An den Herzog Carl August
Rom d. 16. Febr.
Als ich Ihre liebe Hand unter einem Umschlag von Fr. v. Stein erblickte, dachte ich ein Wort aus Weimar von Ihnen zu erhalten. Es war noch aus Maynz es erfreute mich recht, da es mir Ihre Wiedergenesung versichert. Ich war gutmüthig genug, bey Lesung Ihres Briefs, den mir der Curier brachte, an Hämorroiden zu dencken und sehe nun freylich daß die Nachbarschaft gelitten hat. Wenn nur durch diese [346] verdrüßliche Inoculation alles Böse aufeinmal aus dem Körper getrieben worden ist. Ich werde nicht verfehlen mit dem geheimnißvollen Sigillo [es folgen die Symbole für: Mercur Waage Widder Löwe Scorpion] den bösen Geistern zu trutzen. Sie schreiben so überzeugend, daß man ein cervello tosto sein müßte, um nicht in den süßen Blumen Garten gelockt zu werden. Es scheint daß Ihre gute Gedancken unterm 22. Jan. unmittelbar nach Rom gewürckt haben, denn ich könnte schon von einigen anmutigen Spazirgängen erzählen.
So viel ist gewiß und haben Sie, als ein Doctor longe experientissimus, vorkommen recht, daß eine dergleichen mäßige Bewegung, das Gemüth erfrischt und den Körper in ein köstliches Gleichgewicht bringt. Wie ich solches in meinem Leben mehr als einmal erfahren, dagegen auch die Unbequemlichkeit gespürt habe, wenn ich mich von dem breiten Wege, auf dem engen Pfad der Enthaltsamkeit und Sicherheit einleiten wollte.
Ich habe zeither fleisig an meinen Operibus fort geboßelt und getüftelt. Erwin, Claudine, Lila, Jeri ist alles in bester Ordnung. Auch meine kleinen Gedichte so ziemlich. Nun steht mir fast nichts als der Hügel Tasso und der Berg Faustus vor der Nase. Ich werde weder Tag noch Nacht ruhen biß, beyde fertig sind. Ich habe zu beyden eine sonderbare Neigung und neuerdings wunderbare Aussichten und Hoffnungen. Alle diese Recapitulationen alter Ideen, diese Bearbeitungen solcher Gegenstände, von denen [347] ich auf immer getrennt zu seyn glaubte, zu denen ich fast mit keiner Ahndung hinreichte, machen mir große Freude. Dieses Summa Summarum meines Lebens giebt mir Muth und Freude, wieder ein neues Blat zu eröffnen.
Die Caracktere die Sie mir schildern sind sehr interessant und neu, wie alles, was recht gesehen und recht gesprochen ist. Soviel weiß ich daß ich subito wenn die acht Bände absolvirt sind den Wilhelm ausschreibe und zwar an Ihrer Seite und wenns in Aschersleben seyn sollte. Gebe der Himmel daß ich mich nie wieder appesantire und wenn Sie fortfahren wollen als Leibarzt an mir zu handeln; so sollen Sie Freude, wenigstens an der Folgsamkeit des Patienten haben.
Ihre Nachfrage nach Raphaels Schädel, erinnert mich an meine Versäumniß. Diese köstliche Reliquie habe ich noch nicht besucht, noch das schöne Bild von ihm nicht gesehen das in der Akademie von St. Luca hängt. Ich will nächste Woche hingehen, und mich bey Rath Reifenstein erkundigen, welche Wege man einzuschlagen hat, um den Schädelformen zu lassen. Ihre andern Aufträge werde ich besorgen. Noch immer hoffe ich auf eine Antike Nemesis. Mir sind sonst artige Steinchen in die Hände gekommen. Ich habe etwa fünfzig, unter denen fünfe sind, die einem immer Spas machen können. Der Stein mit den Kriegern war nicht zu haben. Der Händler wollte keinen [348] Preis recht angeben und hat ihn nun an einen seiner Kunden geschickt, von dem er einen fortwährenden Austrag hat.
Die beyden Blätter Kupferstiche will ich gleich ins Haus nehmen und sie recht studiren ob die Abdrücke das Geld werth sind. Ich irrte in meinem letzten Brief, der St. Lorenz ist nur von Marc Anton aber das Blatt der Blätter. Man würde schon vergnügt seyn einen Fetzen davon zu besitzen. Der Kindermord ist von einem gleichzeitigen treflichen Kupferstecher. Beyde nach Bacio Bandinelli.
Sobald die Platanen bey Nemi Blätter haben, will ich mir zur Pflicht machen, den famosen Trog mit dem Beywesen zu zeichnen. Überhaupt hoffe ich nun balde mit etwas gedachterem und ausgeführterem aufwarten zu können.
Ich weiß nicht soll ich mirs zur Tugend oder zum Fehler rechnen, daß ich, ohngeachtet Sie so bestimmt als gütig, meinen längern Aufenthalt in Italien voraussetzen, noch von Weimar aus die Bestätigung Ihres Willens erwarte, eh ich mich recht breit hier nieder zu setzen wage.
Das Kupfer zu Egmont ist von Angelika gezeichnet von Lips gestochen. Es freut mich wenn es Ihnen gefällt. Ich kann die Stunde nicht erwarten biß Sie Egmont gelesen haben und ich Ihre Meynung drüber vernehme.
Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlinn auf [349] das angelegentlichste und fahren Sie fort in Liebe meiner zu gedencken. Ihre Briefe sind wie die Tramontane, sie machen den Himmel heiter.