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An Johann Friedrich Heinrich Schlosser
Dießmal, mein Theuerster, werde ich durch den Rath und Bibliothekar Vulpius angeregt, Ihnen zu schreiben. Er wühlt die Flözschichten alter Deductionen auf, die, seitdem sie der berühmte Buder auf der akademischen Bibliothek niedergelegt, noch nicht wieder durchsunken worden sind.
Er kommt, wie Sie aus der Beylage sehen, auf die von Reineckische Geschichte und ist neugierig, noch etwas weiter zu erfahren, als ich ihm sagen kann: denn ich weiß nur, daß dem beleidigten Vater zuletzt nichts übrig blieb, als zu verzeihen. Sollte irgend ein bezügliches Impressum noch vorzufinden seyn, so würden Sie unsere Sammlung dadurch freundlich[152] complettiren; sie ist wirklich von der Art, daß man nicht hineinsehen darf, ohne Furcht, in den Strudel seltsamer, bald groß- bald kleinartiger Interesses hineingerissen zu werden.
Nun aber nehmen Sie eine zweyte Bitte und Auftrag, wie schon einmal, geneigt auf, und senden mir unter Beyhülfe Ihrer Frau Gemahlin ein Dutzend Artischocken auf der fahrenden Post, hierher nach Jena; es könnte etwa auf zweymal, zu sechs und sechs geschehen. Wenn dieses Verlangen komisch erscheinen möchte, so diene zur Entschuldigung, daß wir, durch unsere botanischen Leistungen berühmt, von der Zeder bis zum Issop alles lebendig, wo möglich blühend und fruchtend, vorzuzeigen bemüht sind, auch im culinarischen Fache zu völliger Zufriedenheit der Tafeln Pisang, Ananas und so herunter abzuliefern im Stande, demohmgeachtet aber eine Artischocke, wie sie seyn sollte, zu produciren nicht vermögen. Es ist also auf einen Scherz abgesehen, wenn ich, wie unsere Frankfurter Gegend dieses edle Gewächs hervortreibt, zum Anschauen und Geschmack bringen möchte. Ihre Freundlichkeit wird mir geneigt zur Ausführung verhelfen.
treulichst
J. W. v. Goethe. [153]