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An August von Goethe

Freytag den 11. ejd.

Beharrte das Barometer und so war auch Morgens heiterer Sonnenschein. Vom Jahre 1821 die Naturwissenschaft durchgeführt. Ferner nebenstehende Expeditionen. Hofrath Schäffer wegen räthlichem und unräthlichem Baden gesprochen. Mittag allein. Abends an den Brunnen. War Frau v. Levetzow und Töchter angekommen. Abends bey der Gesellschaft.

An diesem Tage waren abermals viele Partien angekommen, welche kaum Herberge fanden.


Sonnabend den 12. ejd.

Früh getrunken. Serenissimus frühstücken auf der Terasse. Auszug aus der Beurtheilung Breislacks.

Sonstige Expeditionen vorbereitet. Fürst Labanoff und sein Maler. Bey Serenissimo angefragt. Mittag für mich Abends auf der Terrasse. Expeditionen vorbereitet. Kam Herr Rath Grüner von Eger.


[137] Sonntag den 13. ejd.

Nichts Besonderes vorgenommen. Unterhaltung mit Rath Grüner, besonders über die mitgebrachten echt vulkanischen Producte. Umständliche Beschreibung einer Fahrt dahin, schriftlich verfaßt und nach der Landcharte durchgegangen. Aufwartung bey'm Großherzog. Kam die Frau Räthin mit Gesellschaft. Um 11 Uhr zeichnete der russische Maler mein Porträt. Unterhaltung mit ihm über gegenwärtige römische Kunst und Künstler, besonders deutsche. Mittag für mich. Der Maler nochmals; Vice-Präsident Nicolovius, Bruder des Berliner. Oberamtmann von Königswart, Rath Grüner, mit Gattinnen. Einige bedeutende Massen von zerschlagenem Bergcrystall einem Juden abgehandelt. Abends am Brunnen. Doctor Widnmann von Eichstädt erzählte mir die Krankheitsgeschichte des Herzogs von Leuchtenberg. Frau v. Geymüller gab einen Ball. Ich blieb im Freyen und kehrte nach Hause.


Montag den 14. ejd.

Grüners Relation über die geschmolzenen Erdproducte von Altalbenreuth und Boden revidirt. John fing an sie abzuschreiben. Ich revidirte meine vorjährige Tour auf Pograd. Zum Frühstück auf der Terrasse bey der Gesellschaft. Der russische Maler zeichnete fort. Mittag für mich. Ein starkes Gewitter im Anzug, erreichte uns nicht, ging westwärts ab.

[138] Auf die Terasse, die zum Caffee abfahrenden Damen zu begrüßen. Die Klebelsbergische Terasse hinauf und hinter der Traube herunter. Abschrift des Grünerischen Aufsatzes geendigt. In der geologischen Kritik zu lesen fortgefahren, auch auszuziehen. Späterhin Concert für die Armen. Wurde, auf der Terrasse auf- und abgehend, von außen zugehört. Major v. Germar hatte den Streit mit Strohmeyer geschlichtet, und dieser sang noch.


Dienstag den 15. ejd.

John mundirte die Fahrt nach Pograd. Ging auf die Terasse. Kiprinsky, Maler; dazu Fürst Labanoff. Die große Charte von Sorriot aufgeschlagen und darüber gesprochen. Mittags für mich. Nach Tische Oberforstmeister v. Lüttichau von Dresden. Las in v. Hoffs Geschichte der Erdoberfläche. Fuhr mit Rehbein spazieren. Abends auf der Terasse; Serenissimus kamen von der Jagd zurück. Stadelmann hatte Pechstein und Verwandtes geholt.


Mittwoch den 16. ejd.

Abschrift des Tagebuchs für August. Bey Serenissimo und Familie auf der Terasse. v. Hoffs Werk fortgelesen. Der russische Maler. Fürst Labanoff verreiste nach Carlsbad. Mittag für mich. v. Hoff fortgesetzt. Stadelmann brachte die Steinsammlungen immer weiter in Ordnung. Die Cataloge dazu abgeschrieben.[139] Abends auf der Terasse, ward besprochen der morgende Ball, welchen Serenissimus zu geben gedenken.


Donnerstag den 17. ejd.

Chronik von 1815 und 16 in's Reinere. Der russische Maler nach 11 Uhr. Mittags für mich. Nach Tische an der Chronik von 1818. Oberforstmeister v. Lüttichau von Dresden. Abends Ball bey Serenissimo im Klebelsbergischen Hause. Blieb man bis 12 Uhr.


Freytag den 18. ejd.

Chronik des Jahrs l818 fortgesetzt. Am Porträt fortgearbeitet; dasselbe abgeschlossen. Herr Baron v. Junker meldete sich an. Kam um 12 Uhr, bedeutende Stufen vom Sangerberg bringend. Mittag bey mir. Nach Tische der Maler, entwarf die Figur am Tische sitzend, in der rechten Hand die Feder, die linke verborgen. Abends zur Gesellschaft, der Großherzog war auf der Entenjagd. Kam zurück und verweilte. Frau v. Levetzow erzählte die Abenteuer vor und nach der Leipziger Schlacht.


Sonnabend den 19. ejd.

Ausführung des Jahrs 1815. Den ganzen Vormittag damit beschäftigt. Für mich gegessen. Das Jahr 1816 auszuführen angefangen. Professor Zauper. Unterhaltung mit ihm. Abends zu Brösigkens.


[140]

Sonntag den 20. ejd.

Meteorologische Beobachtungen eingeschrieben und zur Tabelle gebracht. Auch die Pilsner. Professor Zauper, bedeutende Mineralien bringend vom Wolfsberg und der Pilsner Gegend. Unterhaltung mit Professor Zauper. Dann kurze Zeit zu Serenissimo. Abermals mit Zauper von seinen Studien, seinem Lehramte und sonstigen Verhältnissen. Vor Tische auf der Terasse. Für mich allein gespeist. Sodann Professor Zauper, das morgendliche Gespräch weiter fortgesetzt. Später Hofrath Eichler von Töplitz.

NB. Commerzien-Rath Widow von Hamburg. Gegen 7 Uhr zum Ball. Um 10 Uhr zu Hause. Hatte den Herzog von Leuchtenberg umständlich gesprochen.


Montag den 21. ejd.

Das Jahr 1816 durchgeführt. Frau v. Rehberg, Gruß vom Rhein bringend. Späterhin ihr Gemahl Geh. Kabinetts-Rath Rehberg aus Hannover. Nach Tisch beide zusammen. Abends Uhr mit Hofrath Rehbein spazieren gefahren, erst zur Flaschenfabrik. Sodann auf den Ferdinands-Brunnen. General Schack, den Vater, gefunden. Zurück, auf der Trasse bey schönem Abende, die Schackische Familie war unten. Nähere Bekanntschaft mit Dobrowsky gemacht. Sodann im Zimmer Abendessen, wo ich mich entfernte.

[141]

Dienstag den 22. ejd.

Wie der gestrige ein sehr schöner Tag, bey sinkendem Barometer. Das Jahr 1816 abgeschlossen. Abbé Dobrowsky. Von böhmischen und andern Literaturen und Documenten, auch sonst verwandten Gegenständen sprechend. Herr Baron v. Junker, brachte den erbetenen Aufsatz über sein Silberbergwerk zu Sangerberg, nebst einer sehr schönen belehrenden Gebirgs-und Stufenfolge. Nahm ich Abschied von der Fürstin Acerenza. Blieb mit der Gesellschaft einige Zeit auf der Terasse. Suchte mich Bergmeister Beschorner von Mies; bedeutende Bleyspäte von daher überbringend und früherer Aufträge sich erinnernd. Ich suchte die von allen Seiten herzufließenden Mineralien einigermaßen zusammenzurücken und das Einpacken vorzubereiten. Ein von Osten zurückziehendes Gewitter begegnete sich mit einem von Westen herkommenden. (Stadelmann war Morgens früh 4 Uhr nach dem Wolfsberg abgegangen.) Brief Professor Zelter dictirt. Bey der Gesellschaft. Kamen Serenissimus von der Jagd; die Frauenzimmmer waren im Schauspiel gewesen. Unterhaltung über Kranke und Gesunde, besonders auch über Dobrowsky. Bey dieser Gelegenheit vom Prager Museum und andern Anstalten, wovon Herr v. Lützow die besten Kenntnisse besaß. Der Großherzog blieb lange, und die Gesellschaft trennte sich erst spät. Graf v. St. Leu war angekommen.


[142] Mittwoch den 23. ejd.

1817 nochmals schematisiert. An: Serenissimum die Mineralien vom Sanderberg mit Beschreibung. Einige Fremde. Mit Serenissimo ausgefahren gegen den Hammerhof und weiter hinaus. Minister v. Bülow präsentirt. Mittag zu Hause. Nach Tische zur Fürstin Hohenzollern, wo berlinische Damen. Später bey der Quelle, wo ich dieselbigen Frauenzimmer wieder antraf. Später bey Concert und Ball nur kurze Zeit Abends zu Hause. Stadelmann kam vom Wolfsberg zurück. Die mitgebrachten Stufen angesehen. Das Bad genommen.


Donnerstag den 24. ejd.

Schreiben von der Gräfin O'Donell. An den Mineralien vom Wolfsberg, ausgesucht und geordnet. Superintendent Schuderoff und Regierungsrath Herrmann. Zu Serenissimo, mit den Steinen vom Wolfsberg, welche jedoch niedergesetzt wurden, weil der Fürst nach dem Bade schlief. Bey der Familie, weitläufiges Gespräch mit Major v. Wartenberg, über mineralische Wasser und Badeorte. Er war, um eine zerrüttete Gesundheit herzustellen, in allen Bädern umhergereist und wußte davon sehr gute Rechenschaft zu geben. Anfall des Frauenzimmers, das über die Schwelle stolperte und mit dem Kopf auf die Schwelle fiel und sich beschädigte. Unruh deshalb die ganze Nacht. Dem Großherzog unter die Mineralien vorgelegt. [143] Wegen einfallendem Regenwetter fuhr der Fürst nicht nach Königswart, wie vorgesetzt. Zu Tische für mich. Nebenstehende Briefe abgeschlossen und abgeschickt. König Louis, wie ich ihn noch immer gerne nennen mag, besuchte mich, und, was wahre Verhältnisse Schönes haben, es war immer das Alte, als wenn man sich gestern gesehn hätte.

Hiezu will ich anfügen: ich habe dein Schreiben vom 14. Juli 1823 richtig erhalten und wünsche, du förderst, was zu fördern ist. Ferner versichere, daß ich dich bald nach meiner Ankunft im halben September aus dem Hause jagen werde. Ich dachte dich erst einzuladen, mit dem Fuhrmannn, der mich abholen wird, hierher zu kommen; es ist aber besser, du gehst auf eigenen Wegen und Weisen.

Wenn Dame Ottilie mir von Eisenacher Abenteuern etwas vertrauen will, so soll es mir sehr erfreulich seyn; weiß sie dagegen im Tagebuch den Worten Terrasse, Gesellschaft, Familie den rechten Sinn zu geben, so ist sie ganz in meinem Geheimniß. Ulriken viele Grüße; eine sehr zierliche Berlinerin, ja mehr als zierlich, will ihrem Andenken unter dem Namen Lili empfohlen seyn. Ich weiß nicht, wie sie sonst heißt, es war aber eine wundersam artige Erscheinung. Zum Ende der dritten Woche geht das Badeschicksal schon merklich an, die ersten Bekannten entfernen [144] sich, der herannahende neue Monat bringt neue Gesichter, und man ist schon nicht recht mehr zu Hause. Zum deutlichern Begriff, was Tepl für ein schönes Local sey, lege des Prälaten Visiten-Charte bey.

Und nun noch einen Auftrag. In meinem Schatzkästlein, du weißt es, liegt ein Brief mit der Überschrift Au Roi Louis, schicke mir diesen mit der nächsten Sendung hieher. Es ist wunderbar genug, daß ich dieses verjährte Document endlich noch abgeben kann.

Nach allem diesen ist es für uns höchst interessant zu melden, daß die Jahreschronik meines Lebens, wie ich sie begonnen, über alle Hoffnung vorgeschritten ist. Rückt sie in den nächsten Wochen nur einigermaßen fort, so ist es ein incalculabler Gewinn.

Und somit endlich das schönste Lebewohl. Grüße die Kinder und veranlasse die Frauenzimmer, auch wohl Kräutern und Riemern, etwas von sich vernehmen zu lassen.

Marienbad den 25. Juli 1823.

G.

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