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An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Vor allen Dingen also, theuerster und geliebter Freund, meinen besten und schönsten Dank für die[162] gütige und ehrenvolle Aufnahme meiner Kinder. Sie sind, wie ihre Schreiben vermelden, in ihrem Aufenthalt zu Berlin glücklich und selig. Mögen Sie des Fürsten Radziwill Durchlaucht gleichfalls meinen verbindlichen Dank abtragen für die Gnade, die er gegen den alten Hexenmeister fortsetzt. Mein Sohn weiß mir nicht Gutes genug von der doppelten Aufführung zu schreiben. Von mündlicher Ausführlichkeit erwarte ich noch manches Erfreuliche.

Nun zu Ihrer Anfrage mit Zurücksendung der Zeichnung. Diese Darstellung des Erdgeistes stimmt im Ganzen mit meiner Absicht überein. Daß er durch's Fenster hereinsieht, ist gespensterhaft genug. Rembrandt hat diesen Gedanken auf einem radirten Blatte sehr schön benutzt.

Als wir uns hier auch einmal vornahmen, dieses Stück anzugreifen und vorzubereiten, war mein Gedanke gleichfalls nur, einen colossalen Kopf und Brusttheil transparent vorzustellen, und ich dachte, dabei die bekannte Büste Jupiters zu Grunde zu legen, da die Worte: schreckliches Gesicht auf die Empfindung des Schauenden, der vor einer solchen Erscheinung allerdings erschrecken kann, eben sowohl als auf die Gestalt selbst bezogen werden konnten; auch überhaupt hier nichts Fratzenhaftes und Widerliches erscheinen dürfte. Wie man etwa durch flammenartiges Haar und Bart sich dem modernen gespensterhaften Begriff [163] einigermaßen zu nähern hätte, darüber waren wir selbst noch nicht einig; einem klugen Künstler gelingt vielleicht eine, der Sache recht gemäße, Erfindung. Übrigens darf ich mich in diesem Sinne sehr geschmeichelt fühlen, daß man mir bei so guter Gelegenheit, in so ansehnlicher, schöner Gesellschaft diese wichtige Rolle vorläufig übertragen wollen.

Schon nach den Briefen meines Sohnes bewundere ich, was für Faust geschehen und geschieht. Nur mit solcher Genialität und Vorliebe konnte das Geschäft glücklich angegriffen werden. Wolff wird erzählen können, wie und wo wir stecken geblieben. Und doch, wenn das Ganze einmal durchgearbeitet ist, bringen Sie es wohl durch Ihre unternehmende Sorgfalt zur öffentlichen Erscheinung. Auch wird Ihr hergestelltes Theater gewiß eine neue Epoche der deutschen Bühne eröffnen und zu manchem Guten Gelegenheit geben und nöthigen.

Hiebei will ich ein gewisses unangenehmes Gefühl bekennen, das mich überrascht, und nicht läugnen, daß es mir leid thut, nicht wieder in Ihrer Gesellschaft noch einmal von vorne anzufangen!

treulichst

Weimar den 2. Juni 1819.

Goethe.

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