42/178.

An den Grafen Sergei Semenowitsch Ouwaroff

[3. Juni 1827.]

Ew. Excellenz

fortdauerndes Wohlwollen zähle ich mir unter die ersten Glücksgüter späterer Jahre und ich halte mich dessen für alle Zeiten auf's gewisseste versichert; doch will ich gern gestehen daß der neuste Beweis Ihrer vorzüglichen Geneigtheit mich überrascht und gerührt hat.

Meiner, an einem solchen Tage, in solcher Gegenwart, unter solchen Umständen gedacht zu wissen würde mich beschämen, wenn ich nicht den von mir so lange Zeit ausgeübten guten Willen in's Auge fassen dürfte, wobey mir die Betrachtung zu Hülfe kommt: daß vielleicht noch mehr als die Zwecke die wir uns vorsetzen und kaum erreichen, schon die Mittel die wir anwenden solchen Mitarbeitern und Nachfolgern zu gute kommen, welche sie wohl kräftiger und wirksamer zu benutzen wissen.

Höchst erfreulich aber war es ein so schönes Zeichen der edelsten Gunst bey mir anlangen zu sehen, im Augenblick wo unsere Betrachtung eines hohen Familienglücks von Weimar aus unablässig nach Berlin und Petersburg gerufen werden.

Erlauben Sie mir hiebey eine Bemerkung zu der wichtigen Aufgabe, welche die Academie den Physikern vorgelegt hat. Gerade dieser Abtheilung der Naturlehre [205] habe ich viele Jahre her eine große Aufmerksamkeit unablässig gewidmet und fahre fort mich damit zu beschäftigen. Wenn ich also noch Ursachen habe ein längeres Leben zu wünschen, so gehört diese gewiß mit dazu: durch die Lösung jenes Räthsels, durch die Entscheidung einer einsichtigen Academie über manches aufgeklärt zu werden, welches mir so wie andern höher Gestellten bis jetzt ein Problem geblieben ist.

Erhalten Sie mein Andenken in Ihrem würdigen Kreise und bleiben meiner unauflöslichen Anhänglichkeit gewiß.

Verehrend wie vertrauend

Ew. Excellenz

ganz gehorsamster Diener J. W. v. Goethe.

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