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An Carl Friedrich Zelter

Hiebey schicke ein Büchlein das du am ersten allen zu beurtheilen berufen bist; mir scheint er wünscht was du zeitlebens gethan hast und noch thust, er trachtet das allgemein zu machen was wenn es gemein werden könnte sogleich vernichtet wäre und erscheint mir überhaupt wie ein Arzt, der eine unheilbare Krankheit deutlich zu beschreiben und ihre Wirkungen aus einander zu setzen sucht. Doch sey dir alles anheim gegeben.

Herr Mendelssohn verweilte auf seiner Rückreise von Paris allzukurze Zeit; Felix producirte sein neustes Quartett zum Erstaunen von jedermann; diese persönliche hör- und vernehmbare Dedication hat mir sehr wohlgethan. Den Vater konnte nur flüchtig sprechen, weil eine große Gesellschaft und die Musik abhielt und zerstreute. Ich hätte so gern durch ihn etwas von Paris vernommen. Felix hat den Frauenzimmern von den dortigen musikalischen Verhältnissen einiges [198] erzählt, was den Augenblick sehr charakterisirt. Grüße die ganze Familie und erhalte mein Andenken auch in diesem Kreise.

Ferner habe zu vermelden daß Gelegenheit und Möglichkeit die neue Ausgabe meiner Werke zu begünstigen scheint; nun arbeite ich fleißig an den Annalen meines Lebens, wovon schon eine große Masse, theils vorbereitet theils ausgeführt, vor mir liegt. Nun find ich daß unser Verhältniß von 1800 an sich durch alles durchschlingt und so möcht ich es denn auch zu ewigen Zeiten erscheinen lassen, und zwar in reiner Steigerung, deren Wahrheit sich nur durch das vollkommenste Detail bezeichnen läßt. So eben studire ich deine Briefe, welche sauber geheftet vorliegen, und nun äußere ich den Wunsch: daß du mir die meinigen, von fünf zu fünf Jahren, auf kurze Zeit mögest zukommen lassen. Ich bearbeite eben jetzt die Epoche von Anfang des Jahrhunderts bis zum Tode Schillers; hast du die Papiere in Ordnung, so sende sie mir baldigst, sie kommen schnell zurück, und wie ich vorschreite bitt ich dich um die andern. Ich möchte diesen edlen Faden gern zart und sorgfältig durch- und ausspinnen; es ist der Mühe werth und eigentlich keine Mühe, sondern die größte Genugthuung, und ich freue mich schon die große Kluft vom Anfang des Jahrhunderts bis heute stetig ausgefüllt zu sehen.

Noch eins fällt mir ein! Es ist in solchen Dingen ein gewisses Gefühl, das ich nicht tadeln kann, daß[199] man Documente solcher Art allein zu besitzen wünscht. Die Briefe sollen ohne deine ausdrückliche Erlaubniß nicht abgeschrieben werden; was ich ausziehe wird mit Bleystift an der Seite bemerkt.

Lebe wohl! Ich freue mich auf das Von vorneleben wodurch das Gegenwärtige nur um soviel theurer werden kann.

und so fort und fort

Weimar den 21. May 1825.

G.

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