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An Friedrich Schiller

Vorauszusehen war es daß man mich, wenn Mad. de Staël nach Weimar käme, dahin berufen würde. Ich bin mit mir zu Rathe gegangen, um nicht vom Augenblick überrascht zu werden, und hatte zum Voraus beschlossen hier zu bleiben. Ich habe, besonders in diesem bösen Monat, nur gerade so viel physische Kräfte um nothdürftig auszulangen, da ich zur Mitwirkung zu einem so schweren und bedenklichen Geschäft verpflichtet bin. Von der geistigsten Übersicht bis zum mechanischen typographischen Wesen muß ich's wenigstens vor mir haben, und der Druck des Programms, der, wegen der Polygnotischen Tabellen, recht viele Dornen hat, fordert meine öftere Revision. Wie viele Tage sind denn noch hin, daß das alles fertig seyn und, bey einer leidenschaftlichen [376] Opposition, mit Geschick erscheinen soll? Sie, werther Freund, sehen gewiß mit Grausen meine Lage an, in der mich Meyer trefflich soulagirt, die aber von niemand kann erkannt werden; denn alles was nur einigermaßen möglich ist, wird als etwas Gemeines angesehen. Deßhalb möchte ich Sie recht sehr bitten mich zu vertreten; denn niemanden fällt bey dieser Gelegenheit der Taucher wohl ein als mir und niemand begreift mich als Sie. Leiten Sie daher alles zum besten, in so fern es möglich ist. Will Mad. de Staël mich besuchen, so soll sie wohl empfangen seyn. Weiß ich es 24 Stunden voraus, so soll ein Theil des Loderischen Quartiers meublirt seyn, um sie aufzunehmen, sie soll einen bürgerlichen Tisch finden, wir wollen uns wirklich sehen und sprechen, und sie soll bleiben so lange sie will. Was ich hier zu thun habe ist in einzelnen Viertelstunden gethan, die übrige Zeit soll ihr gehören aber in diesem Wetter zu fahren, zu kommen, mich anzuziehen, bey Hof und in Societät zu seyn, ist rein unmöglich, so entschieden als es jemals von Ihnen, in ähnlichen Fällen, ausgesprochen worden.

Dieß alles sey Ihrer freundschaftlichen Leitung anheim gegeben, denn ich wünsche nichts mehr als diese merkwürdige, so sehr verehrte Frau wirklich zu sehen und zu kennen, und ich wünsche nichts so sehr als daß sie diese Paar Stunden Weges an mich wenden mag. Schlechtere Bewirthung, als sie hier [377] finden wird, ist sie unterweges schon gewohnt. Leiten und behandeln Sie diese Zustände mit Ihrer zarten, freundschaftlichen Hand und schicken Sie mir gleich einen Expressen, sobald sich etwas bedeutendes ereignet.

Glück zu allem, was Ihre Einsamkeit hervorbringt, nach eignem Wünschen und Wollen! Ich rudre in fremdem Element herum, ja, ich möchte sagen, daß ich nur drin patsche, mit Verlust nach außen und ohne die mindeste Befriedigung von innen oder nach innen. Da wir denn aber, wie ich nun immer deutlicher von Polygnot und Homer lerne, die Hölle eigentlich hier oben vorzustellen haben, so mag denn das auch für ein Leben gelten.

Tausend Lebewohl! im himmlischen Sinne.

Jena am 13. Dec. 1803.

G.

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