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An Friedrich Theodor von Müller
In dem zurückgehenden mir anvertrauten Brieflein unseres werthen Niethammers finde ich, mein verehrter [68] Freund, des wackeren Mannes treue Gesinnung, die regsten Erinnerungen früher guten Zeiten, einen warmen Antheil an der Vergangenheit wie er ihn sonst an der Gegenwart nahm. Wird mir aber der Gute verzeihen, wenn ich ausspreche: daß ich zu der fraglichen Angelegenheit nicht ein gleiches Verhältniß habe.
In meinen hohen Jahren muß die unverbrüchliche Maxime seyn: durchaus und unter jeder Bedingung im Frieden zu leben; ich möchte, um keinen Preis, bey irgend einer Contestation, sie habe einen politischen, literarischen, moralischen Anlaß, als thätig mitwirkend erscheinen.
Was sollte aus den schönen, mir noch gegönnten Lebenstagen werden, wenn ich Notiz nehmen wollte von allem was in dem lieben Vaterlande gegen mich und meine nächsten geschieht. Unserm werthen Freunde ist wahrscheinlich mehr wie mir bekannt, was für Redereyen und Tücken, Unarten, Widerwärtigkeiten und Feindseligkeiten gegen mich aus gehen; ich weiß nur davon was manchmal ein gegenwärtiger theilnehmender Freund, oder wohlwollende Correspondenten erwähnen. Hör ich doch daß selbst aus dem Königreiche, dessen höchster Herrscher, wie ein Stern erster Größe, günstig über meinen Schicksalen waltet, das Widerwärtigste verlautet und zwar, was noch sonderbar scheint, unter der Firma meines werthen Verleger, mit dem ich seit vielen Jahren in freundlichster [69] Verpflichtung stehe. Hat man jemals von mir eine Reclamation deshalb vernommen, auch nur einen Laut?
Möge Vorstehendes unsern hochgeschätzten Freund in München, den ich schönstens grüße, einigermaßen geneigt machen, es für recht zu halten, wenn ich auf jene Berichtigung schweige, und dem Publicum überlasse, was es darüber denken und urtheilen will. Ich benutze diese Tage was an mir noch zu berichtigen möglich ist, zu berichtigen, und glaube so der mir durch mein ganzes Leben höchst geneigten Vorsehung nach Absicht und Willen zu handeln.
Alles Gute und Beruhigende.
treulichst
J. W. v. Goethe.