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An Sulpiz Boisserée

Da sich, mein Theuerster, soviel Ungeschicktes in der Welt ereignet, wodurch unvermeidliches Unheil nur vermehrt und verdoppelt wird, so war es billig, daß auch gute Geister aufträten welche mit klarem Bewußtseyn das Verschobene wieder in's Gleiche brächten.

[57] Mit dem besten treusten Danke vermelde daher daß Sonntags den 6. dieses, als am heiligen Ostertage, die Schillerische Correspondenz an die J. G. Cotta'sche Buchhandlung mit der fahrenden Post abgegangen, und ich dagegen eine Anweisung auf Frege auf 10000 Thaler ausgestellt als:

Vierter Termin der Werke

7500.-
Kunst und Alterthum VI, 2
500.-
Schillerische Briefe, erster Termin
2000.-
ut supra

Hiedurch wäre also dasjenige berichtigt was real an der ganzen Sache ist. Das Übrige sey der Zeit und guten Geistern empfohlen.

Lassen Sie mich nun auch von meiner Seite ganz aufrichtig erklären: daß es wirklich Wunsch und Absicht war, über die Münchner Thätigkeiten in Kunst und Alterthum irgend etwas Freundliches auszusprechen, deshalb ich Sie um einige Notizen bat, auch Herrn v. Müller ersuchte, die Angelegenheit zu erinnern; wie ich aber bey fernerer Überlegung, besonders auch bey genauem Betrachten Ihrer Mittheilungen gar wohl einsah, daß dergleichen nicht wohl thulich sey, indem ja vom Gelingen und Mißgelingen eines incalculablen Bestrebens nicht wohl im Laufe des Tags zu sprechen ist; daher ich denn jenen Vorsatz aufgebe, jedoch mit wiederholter Bitte: mich von Zeit zu Zeit von den dortigen Zuständen und Vorfallenheiten zu unterrichten, zu dem einzigen Zweck, mich über ein[58] gleichzeitig wichtiges Beginnen immerfort im Klaren zu erhalten. In meinen Jahren hat man nichts weiter zu thun, als seine Existenz, der Naturnothwendigkeit gemäß, nach bestem sittlichen Wissen und Gewissen fortzusetzen, so wenig als möglich ungethan zu lassen, ohne sich wegen des Vielen was zu thun übrig bleibt in Sorge zu setzen. Erhalten Sie mir freundschaftliche Theilnahme, lassen Sie mich aber zunächst auch erfahren was Sie betrifft und beschäftigt; man spricht mir von Veränderung Ihrer häuslichen Zustände, geben Sie mir auch davon Kenntniß.

Den theuren Gatten v. Ringseis empfehlen Sie mich zum besten als einen Dankenden. Sie haben mir von Herrn Eberhard den erfreulichsten Gesang und die angenehmsten Zeichnungen gesendet; mir war höchst eindringlich, wohl darf ich sagen rührend, zu sehen wie ein so frühes, gewissermaßen altes Gedicht sich immer wieder auf neue Weise in guten und schönen Geistern reproducire, ausweite, vermannichfaltige, vervollständige und so zuletzt dem Unermeßlichen sich nähere. Wiederholten Dank, woran sich die besten Grüße an die lieben Ihrigen treulich anschließen.

Die dritte Sendung, die ich möglichst zu schmücken gesucht, wird Ihnen gewiß nicht unbeachtet und ungenossen bleiben.

treu angehörig
Weimar den 7. April 1828.
J. W. v. Goethe.
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