42/143.
An Leopoldine Grustner von Grusdorf
[2. Mai 1827.]
Ich weiß, meine Theuerste, Ihr Talent, Ihren Geist, Ihren Charakter zu schätzen, die holde Neigung [163] Ihres Gemüths zu erkennen und zu lieben, auch finde ich Wunsch und Drang durch persönliche Annäherung über manches aufgeklärt und beruhigt zu werden ganz naturgemäß. Nun eile zu antworten und folgendes zu sagen:
Ich habe Hoffnung auch dieses Jahr die böhmischen Bäder zu besuchen; dieß würde Gelegenheit geben sich irgendwo zu finden und einer freyen Unterhaltung zu genießen.
Hierher darf ich Sie jetzt nicht einladen; in meinem Hause leidet eine liebenswürdige junge Verwandte an unheilbaren Übel und läßt uns früher oder später ihre Auflösung befürchten. In einen so traurigen Kreis möcht ich Sie nicht einschließen; lassen Sie mir Zeit Ihren Wunsch zu überlegen und dessen Erfüllung einzuleiten.
Jetzt aber vor allen Dingen schicken Sie mir Ihr Bild, entweder Sie versuchen es selbst oder Ihr wackerer Meister, den ich bestens grüße, erzeigt uns wohl diese Gefälligkeit; versäumen Sie nicht diesen ersten Schritt persönlicher Annäherung und vertrauen Sie meiner aufrichtigen freundlichen Theilnahme.
Weimar April 1827.
Noch zwey Fragen: in welcher Gegend liegt der Sommeraufenthalt Ihres Großvaters? und wie heißt der wackere Künstler, Ihr Meister?
[164]