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An Johann Jakob Riese

Die Erzählungen meines Sohnes, begleitet von einem Schreiben Ihrer liebwerthen Hand, haben mich in jene so ruhig als unschuldige Zeiten zurückversetzt, in welchen wir einer heitern und lustigen Jugend genossen. Ich freue mich daß Sie, als ein besonders theurer Freund, zu den übrig gebliebnen gehören und wir uns noch, bis auf diesen Tag, zusammen der Vergangenheit freuen können. In meinem dritten Bande finden Sie Ihren geschätzten Nahmen und die Erinnerung unsrer näheren Verhältnisse, nicht ohne Bemerckung des vielfältigen Widerspruchs mit welchem der Freund meinen Enthusiasmus zu zügeln und meine Dialecktik zu üben verstand.

Auch habe ich, bey Gelegenheit der lebhaften Erzählung meines Sohnes, die Narbe an dem rechten Zeigefinger vorgewiesen, welche Sie mir schlugen, als ich mit demselben, unter einer Forsthaus Laube, etwas schalkisch, auf ein herankommendes Frauenzimmer deutete, dem wir beyde gewogen waren. Wir bereiteten uns eben einen Teller Schincken zu verzehren und Sie hatten das aufgehobne Messer in der Hand, [156] welches zu meiner Bestrafung sich etwas eilig niedersenckte.

Solche lustige, leichte Wunden schlägt das fortschreitende, immer ernstere Leben nicht, und ich wünsche Ihnen Glück, daß Sie, bey so großem Wechsel der Dinge, als einzelner Mann, weniger Sorgen unterworfen, an Ihrer Stelle unverruckt geblieben. Grüßen Sie mir unser Fränzchen zum schönsten, deren Heiterkeit sich gewiß erhalten hat. Eine so beständige Freundschaft deutet auf redliche, treue Gemüther und einen ruhigen, gleichen Lebenswandel.

Mögen Sie noch lange, amtlich auf dem Kirchhofe beschäftigt, diesem und jenem ein Erbbegräbniß zutheilen und mit dem besten Humor sich selbst und Ihren nächsten Umgebung leben, zu Trost und Freude, und auch dabey immer fort meiner in Liebe gedencken.

Herzlich angeeignet

Weimar d. 14. Febr. 1814.

Goethe.

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