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An Sulpiz Boisserée

Um abermals den Grund zu einem Briefe an Sie, mein Theuerster, zu legen, muß ich mich entschließen auszusprechen, daß zwey angefangene Schreiben in dieser Zeit zum Feuer verdammt worden; ich hatte mich über das verlegerische Betragen unseres würdigen Freundes zu beschweren, der mich durch eine Art von Überraschung nöthigte, die einmal beliebte und angekündigte Ordnung der Ausgabe meiner Werke durchaus abzuändern, wobey derselbe die Einleitung zu treffen wußte, daß meinen Entschluß mit umgehender Post zu eröffnen nöthig ward. Hierüber druckte ich mich in den ersten Tagen vertraulich gegen Sie allzu [71] lebhaft aus, ward aber nachher durch den alten Spruch: »man solle keinen Verdruß über Feld schicken«, wieder beschwichtigt; denn wir beunruhigen nur die Freunde zu einer Zeit, wo wir selbst schon wieder beruhigt sind. Auch hab ich überhaupt gegen jenen nicht dergleichen gethan, um der Angelegenheit den möglichst schicklichen und wenigst auffallenden Gang zu erhalten. Nun aber ist mir bey dieser Sache nichts unangenehmer, als daß dieß Zwischenspiel gemeldeterweise unsere Mittheilungen unterbrach.

Für Sie also, mein Werthester, immer in gleichem Sinn und wahrhaftestem Antheil verharrend, möchte gegenwärtigen Blättern einigen Gehalt geben, welches nicht besser zu bewirken wüßte, als wenn ich historisch verfahre.

Am 22. April also, als dem Datum meines vorletzten Briefes, besuchte uns Herr Ampère der Jüngere, von Paris kommend, der schönen Literatur beflissen, zu den raschen und umsichtigen Männern gehörend, welche sich, am Kreise des Globe theilnehmend, lebhaft und kräftig genug bewegen. Er ward gut aufgenommen und wenn er nach seinem Abschiede durch eine kleine Indiscretion unser Publicum verletzte, so war das bald wieder geheilt und er würde, von Norden, wohin er sich begab, wieder zurückkehrend, auf alle Weise gern gesehen seyn.

Mit ihm vertraulicher conversirend, sah man sich in dem Falle, in jenen Kreis etwas tiefer hineinzublicken [72] und gewisse Verhältnisse mit mehr Sicherheit anzuknüpfen. Kurz nachher, zufällig von anderer Seite her, kam die zweyte Auflage von des Baron Charles Dupin Reise nach England, die ich wirklich nach vierzehn Tagen von meiner Seite verbannen mußte, um nicht in ein meinen gegenwärtigen Pflichten ganz entgegengesetztes Interesse gezogen zu werden. Von Zeit zu Zeit nehm ich wieder ein Capitel vor, das mir den Vortheil gewährt, eine glückliche und nützliche Ge sprächs-Unterlage zu finden mit Reisenden, deren ich dorther gar viele zu sprechen habe.

Ich arbeitete indessen anhaltend an den Wanderjahren, deren höchst verschiedene Capitel ich mitunter als ungezogene Kinder anzusehen habe, mit denen man sich liebend abgibt, vielleicht eben deswegen, weil sie einiger Erziehung bedürfen.

Herrn v. Schlegels Gegenwart eröffnete uns manchen Ausblick nach Indien; und ich will gern gestehen, daß ich mich nicht unwillig wohl einmal dort hinüber führen lasse; wenn ich mich auch mit den leidigen hochmüthig-häßlichen Frömmlingen so wie ihren vielköpfig-vielarmigen Göttern keineswegs befreunden kann, so sind doch ihre Apsaren in dem Grade liebenswürdig, daß man Sie gern mit den Augen verfolgt, wo nicht gar wie ihre himmlischen Bewunderer um ihretwillen ganz zu Auge werden möchte.

Nun ward ich zufällig der bildenden Kunst, besonders der Mahlerey wieder zugeführt. Der Restaurator[73] Palmaroli arbeitete in Dresden mit großem Beyfall; Ihre Königliche Hoheit der Großherzog befahl, den hiesigen Mahler und Zeichenmeister, namens Lieber, hinzusenden, einen genauen und man möchte sagen eigensinnigen Künstler. Dieser gewann des Italiäners Gunst, welcher ihn mit in sein Quartier nahm und ihm von den Kunstgriffen dieser artistischen Technik, wie wir uns überzeugen konnten, manches offenbarte; sogar das Übertragen eines Ölbildes von der alten Leinwand auf eine neue ist glücklich gelungen. Mehrere Bilder von verschiedenem Werth in dem schlechtesten Zustande wurden hingesendet, deren wir uns bey

|: Die Fortsetzung nächstens. :|

Weimar d. 21. Sept. 1827.

G.

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