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An Carl Friedrich Zelter
Weimar d. 29. Aug. 1803.
Ich muß einen Anlauf nehmen um mich der Schuld gegen Sie zu entladen. Es ist die Zeit her so wild und wunderlich bey uns zugegangen, daß ich an das wertheste Abwesende nicht habe denken können.
Also zuerst Dank für Ihre Lieder, welche nach Ihrer Anweisung vertheilt und sonst gut untergebracht worden; ingleichen für die Blätter, welche sich auf Musikdirection beziehen. Ich werde sie, sobald unsere musikalischen Übungen wieder angehen, praktisch beherzigen und hoffentlich in den Stand kommen Sie um weitere Aufklärung zu bitten.
Das große Siegel liegt fertig und sauber gearbeitet bey mir; sobald das kleine eben so weit ist, sollen beyde zusammen ankommen.
Fichte hat einen sehr schönen und liebenswürdigen Brief über die Eugenie an Schiller geschrieben. Danken Sie ihm dafür und sagen Sie ihm zugleich daß wir [273] seine Angelegenheit bestens beherzigen. Leider ruhet auf dem, was Advocatenhände berühren, so leicht ein Fluch.
Was sagen Sie zu dem Unternehmen die Litteraturzeitung nach Halle zu verpflanzen. Wir andern, die wir hinter den Coulissen stehen, können uns nicht genug wundern, daß sich ein königl. preußisches Cabinet, so gut wie jedes andere Publikum, durch Nahmen, Schein, Charlatanerie und Zudringlichkeit zum besten haben läßt. Als wenn sich eine solche Anstalt erobern und transportiren ließe, wie der Laokoon, oder ein anderes bewegliches Kunstwerk.
Wir setzen sie eben in Jena immer fort, und da der thätigste Redacteur, Hofrath Eichstädt, bleibt; so geht alles seinen alten Gang. Neue Menschen die beytreten, neue Mittel die man vorbereitet, sollen, hoffe ich, der Sache einen ehrenvollen Ausschlag geben.
Wollen Sie von den unsrigen seyn so sind Sie bestens dazu eingeladen. Wie schön wär es wenn Sie den Weg der Recension dazu benutzten, um das was über Musik gegenwärtig zu sagen so noth ist, in einer gewissen Ordnung ins Publikum zu bringen.
Ich werde räthlich und thätig bey der Sache mitwirken, Schiller, Voß, Meyer sind geneigt ein gleiches zu thun, und ich hoffe das nächste Jahr soll sich vortheilhaft vor dem gegenwärtigen auszeichnen. Sagen Sie das auch Fichten, welcher gleichfalls eingeladen [274] ist, Schiller wird ihm deßhalb noch umständlicher schreiben.
Wissen Sie uns sonst noch einen tüchtigen Mann, in Berlin, in welchem Fache es sey, dem der alte Sauerteig Schützisch-Bertuchisch-Böttigerischer Schaubrote widersteht; so ziehen Sie ihn mit ins Interesse. Überhaupt können Sie von dieser Sache öffentlich sprechen. Das Privilegium für eine Societät, die gedachte Fortsetzung unternehmen will, wird eben ausgefertigt und nächstens wird eine vorläufige öffentliche Ankündigung erscheinen, so wie ich auch bald das weitere melde.
Sagen Sie mir doch: wer ist der Verfasser der Bekenntnisse einer Giftmischerinn? Ein tüchtiger Mann in jedem Sinne.
Herr Unger schreibt mir vor einiger Zeit um einen achten Theil. Ich kann weder zu- noch absagen. Nicht ab, weil ich wirklich gern die Zahl voll machte, nicht zu, weil meine nächsten Arbeiten an Cotta versagt sind, mit dem ich sehr zufrieden zu seyn Ursache habe. Mögen Sie Herrn Unger ein freundliches Wort darüber sagen, daß er mein Stillschweigen nicht ungleich auslege.
Daß Cellini auf Sie wirken sollte, hoffte ich voraus, denn welch eine Welt kommt nicht aus diesem Werk entgegen. Die Zeit, welche ich auf die Bearbeitung verwendet, gehört unter die glücklichsten meines Lebens und ich werde fortfahren noch manches [275] dafür zu thun. Hat Sie diese Lectüre in einem gewissen Sinne traurig gemacht, wie ich recht gut begreife, so wünsche ich daß der heitere Effect nach kommenmöge.
Übrigens fühle ich durchaus mit was Sie im allgemeinen und besondern beklagen. Das beste Lebewohl.
G.