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An Johann Gottlob von Quandt
Ew. Hochwohlgeboren
haben durch Herrn Hofrath Winker schon erfahren, daß wir, dem Wunsch der hochgeachteten Dresdener Freunde zufolge, bey Umhersendung der mitgetheilten Kupferstiche zugleich die Beyträge des laufenden Jahres einzucassiren gesucht haben; wovon 250 Thaler sogleich durch die fahrende Post abgegangen sind; den Rest hoffen wir bald nachzubringen. Daß dieses so leicht nicht sey, werden Sie sich schon aus Erfahrung selbst genugsam überzeugt haben.
Hiebey entschließe ich mich zu bemerken: daß unser Bibliotheksdiener Römhild diese drey Jahre her aus bloßer Achtung gegen den Auftrag seines Vorgesetzten dieses wirklich beschwerliche Geschäft des Umhertragens und Eincassirens besorgt habe, und zwar ohne die mindeste Remuneration von Seiten der Interessanten, welche freylich derjenige nicht zu erwarten hat, welcher denn doch nur zuletzt, um Geld einzucassiren, anlangt.
Der mir untergebenen Casse kann ich nicht zumuthen, ihn deshalb zu entschädigen, denn Ew. Hochwohlgeboren werden selbst ermessen: daß ihre man che Ausgabe durch die Verbindung mit dem Dresdener Verein zugewachsen ist; es sind Kleinigkeiten, die sich am Ende des Jahres doch summiren.
[72] Sie haben, wie aus dem uns mitgetheilten Rechnungsauszug hervorgeht, dem Dresdener Gleichbeschäftigten zugebilligt; ich wünsche, daß Sie mich gegen den hiesigen das Gleiche zu beobachten berechtigen möchten; indem ich es für mich selbst zu thun nicht gern beschließe.
Für die freundliche Aufnahme und meistermäßige Förderniß unserer guten Seidler danke zum allerschönsten. Möge, nebst ihren sonstigen Verdiensten, auch der gute Wille, gutem Rath entgegenzugehen und ihn anzuerkennen, günstige Entschließung hervorrufen.
Erlauben Sie mir zu sagen, daß es politisch seyn wird, unsern Künstlern etwas zu Gute zu thun. Denn, wie Sie aus der Veränderung unserer Actienbesitzer vermuthen werden, schwankt das Zutrauen zu dem erwarteten Zwecke; ergreifen solche Zweifel, wie bey manchem Hin- und Widerreden leicht möglich ist, auch unsre Höchsten Theilnehmer, so periclitirt das ganze Verhältniß.
Mit unserm Preller z.B. haben Sie es nach meiner Ansicht zu hart genommen. Ich will jenen beiden Bildern das Wort nicht reden, weil ich dabey auch manches zu erinnern habe; verzeichen Sie aber, wenn ich auf Ihre Behauptung: es ließe sich aus Kupferstichen die Nachahmung Poussins nachweisen, erwidere: Sie scheinen die egoistische Originalität unserer deutschen Künstler nicht beachtet und nicht beherzigt zu haben, daß der Charakter der Apenninen noch immer[73] derselbige ist, und daß Poussin, insofern er in diesen Gegenden wieder verkehrten, sich selbst wiederholen wüßte. Freylich bey seinem großen Genie immer wieder auf's neue lebendig.
Unser Preller, dem man ein eingeborenen Talent zur Mahlerey nicht abläugnen kann, wenn er auch vielleicht hie und da den Weg verfehlt, hat bey seiner Rückkehr aus Italien Zeichnungen und Skizzen nach der Natur zu Hunderten nach Haus bebracht. Sollt ich ihm Ew. Hochwohlgeboren Urtheil mittheilen, müßt er in Verzweiflung fallen.
Vorstehendes würde ich nicht aussprechen, die Angelegenheit unsrer guten Seidlerin Ihnen nicht nochmals empfehlen, wenn ich nicht zu Ende dieses Jahres diese Hände zu geben mich genöthigt sähe.
Unsre gnädigsten Herrschaften so wie die nächsten höchsten Behörden erlauben mir, mich sachte zurückzuziehen, damit bey meinen hohen Jahren alles was etwa noch von mir abhängt dergestalt eingeleitet sey, daß es seinen ungestörten Gang in Jedem Falle weiter fortschreiten könne.
Lassen Sie gegenwärtiges, wie es mir vorschwebte Niedergeschriebene bey sich und den würdigen Freunden einigermaßen gelten. Das Weitere in der nächsten Folge.
Hochachtungsvoll
Ew. Hochwohlgeb. gehorsamster Diener
J. W. v. Goethe.
[74] Beyliegendes war ausgefertigt und beynahe gesiegelt, als die gute Seidler voll dank, Hoffnung, Vergnügen und Zuversicht zurückkam. Mein Blatt send ich ab, denn ich weiß es auch jetzt nicht besser, und empfehle mich zum schönsten allen dort vereinten würdigen Männern.
Wie oben Diener
G.