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An Robert Langer

Sie erhalten hierbey, werthester Herr Langer, das Resultat der Unterhaltung hiesiger Kunstfreunde über Ihre eingesendeten schätzenswerthen Zeichnungen. Sie sind zur rechten Zeit angekommen und uns hat die [215] Betrachtung derselben gar manches Vergnügen verschafft. Gegenwärtig sind sie, wohl eingepackt, wieder abgesendet worden, und ich wünsche, daß sie glücklich ankommen mögen.

Auch steht Ihre Lucretia, wohl verwahrt, bey mir und ich würde sie auch, in dieser schönen trocknen Jahreszeit, abgehen lassen, wenn Sie mir etwa ein Haus in Frankfurt anzeigen wollten, wohin ich sie addressiren könnte, daß sie von dort sorgfältig weiter spedirt werde. Oder soll ich sie, ohne Zwischenstation, von hier aus dem Postmagen anvertrauen.

Was Sie mir wegen der neuen Aufgabe, des polyphemischen Gegenstandes, schreiben erkläre ich mir recht wohl daraus, daß Ihr schönes Talent mehr die historische als poetische Ansicht der Gegenstände zu fassen liebt.

Bleiben Sie ja Ihrem Naturell getreu, und sehen Sie eine Aufgabe, die Sie nicht anmuthet, als nicht gegeben an.

Überhaupt ist es mit bestimmten Aufgaben immer eine bedenkliche Sache. Nimmt man es recht genau, so kann sich jeder nur selbst seine Aufgabe finden, und Sie wissen, aus Erfahrung, daß diejenigen Bilder am besten gerathen, die uns beym Lesen eines Dichters oder Geschichtschreibers, ganz unvermuthet, in ihren Haupttheilen, fast unwillkürlich erscheinen, und zu unserm eignen Erstaunen in uns selbst entsprungen sind.

[216] Geben Sie uns also auch forthin, wie bisher, das Eigenthümliche was Ihre Kunst auszeichnet und seyn Sie versichert daß wir Ihre Fortschritte mit wahrer Theilnahme beobachten werden.

Mit Vergnügen höre ich daß Düsseldorf seine Kunstschätze, vermehrt, wieder erhalten wird.

Empfehlen Sie mich Ihrem würdigen Herrn Vater vielmals und leben unserer eingedenk!

Weimar d. 12. Apr. 1803.

Goethe.


Das Werk ist seinen Elementen nach ganz schicklich erfunden. Das einfache, wenig geschmückte Zimmer, die simplen Geräthschaften, die Oekonomie der Figuren, die kräftige und zu der ernsten Scene recht gut passende Beleuchtung, alles dieses verdient Billigung und ist mit wahrem Kunstsinn angegeben. In dessen scheint es die Anmuth des Ganzen würde dadurch noch etwas gewinnen können, wenn die Gebärden der beyden Weiber und des Knaben, der sich an die Mutter lehnt, weniger heftig, inniger und zarter wären, mit einem Wort, wenn ihnen der Anstrich vom Theatralischen, der ihren übrigen recht guten und lobenswerthen Eigenschaften nachtheilig ist, noch benommen werden könnte. Das an der Erde sitzende Kind hingegen ist naiv und kindlich. Des Coriolans kräftig ausgesprochene Gebärde und rasche Bewegung zeigt den Charakter eines Kriegers; doch scheint er über die [217] Schultern, da er als Held gedacht werden muß, etwas schmal, die Brust nicht gewölbt genug, der Arm vertrüge vielleicht elegantere Umrisse und die Beine könnten etwas stärker werden, besonders das linke, gegen den Fuß hin. Die Falten des Unterkleides fallen allerdings zierlich; aber es wäre doch wohl gut wenn sie, durch Weglassung einiger Unterabtheilungen, besonders auf der Lichtseite, einfacher und breiter gehalten würden; zu häufig scheinen sie auch am Gewande des Knaben. An den beyden Weibern sagen die Drapperien sehr zierlich, an der Mutter nur möchte, im Schatten, noch etwa eine Vertiefung so angebracht werden, daß die Form des Körpers besser angedeutet würde, und aus den Lichtpartien wäre einiges überflüssige Detail wegzulassen.

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