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An Friedrich Schiller

Die mir übersendeten Manuscripte sowohl, als das Bruchstück der Entwicklung des Erhabnen habe mit viel Vergnügen gelesen und mich daraus aufs neue überzeugt daß uns nicht allein dieselben Gegenstände interessiren, sondern daß wir auch in der Art sie anzusehen meistens übereinkommen. Über alle Hauptpunckte, sehe ich, sind wir einig und was die Abweichungen der Standpunckte, der Verbindungsart, des Ausdrucks betrift, so zeugen diese von dem Reichthum des Objeckts und der ihm korrespondierenden Manigfaltigkeit der Subjeckte. Ich würde Sie nun ersuchen: mir nach und nach alles, was Sie über diese Materie [189] schon geschrieben und drucken lassen, mitzutheilen; damit man ohne Zeitverlust das vergangene nachhohlte.

Dabey hätte ich Ihnen einen Vorschlag zu thun: Nächste Woche geht der Hof nach Eisenach, und ich werde vierzehn Tage so allein und unabhängig seyn, als ich sobald nicht wieder vor mir sehe. Wollten Sie mich nicht in dieser Zeit besuchen? bey mir wohnen und bleiben? Sie würden jede Art von Arbeit ruhig vornehmen können. Wir besprächen uns in bequemen Stunden, sähen Freunde die uns am ähnlichsten gesinnt wären und würden nicht ohne Nutzen scheiden. Sie sollten ganz nach Ihrer Art und Weise leben und Sich wie zu Hause möglichst einrichten. Dadurch würde ich in den Stand gesetzt Ihnen von meinen Sammlungen das wichtigste zu zeigen, und mehrere Fäden würden sich zwischen uns anknüpfen. Vom vierzehnten an würden Sie mich zu Ihrer Aufnahme bereit und ledig finden. Biß dahin verspare ich so manches das ich zu sagen habe und wünsche indessen recht wohl zu leben.

Haben Sie wohl Charis von Ramdohr gesehen? Ich habe mit allen natürlichen und künstlichen Organen meines Individuums das Buch anzufassen gesucht aber noch keine Seite daran gefunden von der ich mir den Inhalt zueignen könnte.

Leben Sie recht wohl und grüßen die Ihrigen.

W. d. 4. Sept. 1794.

Goethe. [190]

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