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An Johann Friedrich Heinrich Schlosser
Indem ich Ew. Wohlgeb. auf das lebhafteste, so wie Ihrer theuren Frau Mutter, meinen Danck abtrage, daß Sie den Meinigen in diesem Augenblicke soviel Freundschaft erzeigen und mit Rath und Tath beystehen, so erwidre ich Ihr letztes gefälliges Schreiben durch einige Betrachtungen.
Daß die Meinigen in dem gegenwärtigen Augenblick das Franckfurter Bürgerrecht gewinnen ist eigentlich nicht unumgänglich nothwendig. Es war ein Wunsch von mir, um auch für die Zukunft alles arrangiert zu sehen. Da aber so manche Dinge dabey zur Sprache kommen, die man lieber nicht anregt; so dächte ich man könnte die Sache gegenwärtig ruhen lassen und in der Folge bey günstiger Gelegenheit mit dem Besuch wieder hervortreten.
Aufrichtig zu seyn, so sind wir in unsern Verhältnissen gewöhnt, oder verwöhnt, daß in Fällen wo etwas versäumtes nachzuholen, etwas verfehltes [190] zu verbessern ist, der Souverain, mit Beseitigung üblicher Formen, den Mantel der Gnade überzieht und das Vergangne der Vergessenheit widmet. Ich glaube wohl daß dorten, bey kaum veränderter Verfassung dergleichen nicht so ganz leicht sey. Da wir aber nicht gedrungen sind; so warten wir lieber einige Zeit ab. Vielleicht gelingt es mir einmal persönlich, um so mehr als ich hoffen kann meine liebe Vaterstadt auch wieder zu sehen und unserm Fürsten aufzuwarten schuldig bin.
Empfehlen Sie mich und die Meinigen wo es sich gebührt und schickt zu Gnaden und Gunsten und setzen Sie Ihre Freundschaft bey dem gegenwärtigen Geschäfte so wie künftig fort, wogegen wir uns herzlich danckbar und verpflichtet erkennen.
Ew. Wohlgeb.
gehorsamster DienerJ. W. v. Goethe.