31/185.

An Joseph Carl Mellish

[Concept.]

Eine Gelegenheit, verehrter Freund, will ich nicht versäumen, die sich mir darbietet Ihnen beyliegende Festgedichte zu übersenden. Sie nehmen daran gewiß[185] den unmittelbarsten Antheil, denn Sie haben ja alles mit erlebt und getheilt was hier freundlich wieder hervorgerufen wird. Begeben Sie sich in Gedanken in unsere vorzeitige Mitte und empfinden mit mir das Vergnügen daß wir und noch auf Erden begrüßen können.

Herr Unzelmann, der Gegenwärtiges überbringt, ist gewiß auch noch aus vorigen Zeiten erinnerlich; von Kindheit an war er und seine nachherige Gattin meiner dramatischen Pädagogik untergeben, mögen sie beyde in Hamburg ein gutes Vorurtheil für unsere Weimarischen Bemühungen zurück lassen.

Das schöne Menschenkörperchen, auf dem unförmlichen Naturproduct, begegnet mir alle Tage, wenn ich in den wohlbekannten Hallen hin und wieder wandle.

Diesen schönen Sommer hab ich das Glück ruhig zu Hause zu verweilen. Ob ich mich noch auswärts bewege, wüßt ich nicht zu sagen.

Meine Kinder machen eine Reise und haben mir einen mehr als jährigen Enkel zurückgelassen, den ich mit großväterlicher Affenliebe, die größer als der Eltern seyn soll, für das allerliebste Geschöpf von der Welt halte und wirklich durch seine Gegenwart den leeren weitschichtigen Haus- und Gartenraum für völlig ausgefüllt halte. Die sämmtlichen Beeren reifen für ihn und meine Rückahnung, daß sie mir auch einmal schmeckten, verwandelt sich, wenn ich ihn kosten sehe, in das entschiedene Gefühl, als schmeckten sie mir noch. [186] Empfehlen Sie mich Ihrer theuren Frau Gemahlin, nehmen Sie meine schönsten Wünsche für Ihr Wohl und das Wohl der Ihrigen und gedenken mein in herkömmlicher geprüfter Liebe.

[Weimar den 16. Juni 1819.]

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