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An Ulrike von Levetzow
Ihr holder Brief, meine Theure, hat mir das größte Vergnügen gewährt, und zwar doppelt wegen eines besonderen Umstands. Denn wenn auch der liebende Papa seiner treuen schönen Tochter immer gedenckt, so war doch seit einiger Zeit Ihre willkommne Gestalt lebendiger und klarer vor dem innern Sinne als je. Nun aber entwickelt sich's! Es sind gerade die Tage und Stunden, da Sie mein auch in einem Höheren Grade gedachten und Neigung fühlten es auch aus der Ferne auszubrechen.
Dreyfachen Dank also, meine Liebe, zugleich die besten Wünsche und Grüße der guten Mutter, deren ich, als eines glänzenden Sterns meines früheren Horizonts, gar gern gedencke. Der treffliche Arzt der sie völlig herstellt soll auch mir ein verehrter Aesculap seyn.
Und so bleiben Sie überzeugt daß meine schönste Hoffnung fürs ganze Jahr sey in den heitern Familien-Kreis wieder hinein zu treten und alle Glieder so wohlwollend-freundlich gesinnt zu finden als da ich Abschied nahm, und ein würdiger, neuerworbener Freund das unwillkommne Scheidegefühl, durch theilnehmendes Geleit, einigermaßen zu beschwichtigen suchte.
Vergessen darf ich hierbey nicht der süßen Nachkost, [269] die mir in der Entfernung durch ihn zu Theil ward, die ich aber mit niemanden theilte.
Und also meine Liebste nehm ich Ihre töchterlichen Besinnungen auch für die nächste Zeit in Anspruch. Möge mir an Ihrer Seite jenes Gebirgsthal mit seinen Quellen so heilbringend werden und bleiben als ich wünsche Sie froh und glücklich wieder zu finden.
treu anhänglich
J. W. v. Goethe.