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An Jean George d' Orville

[Concept.]

[13. September.]

Lieber würdiger Freund.

Ihre Hand und Ihren Nahmen wieder zu sehen hat mir, in einem stillen Gartenaufenthalt wo ich mich jetzo befinde, eine außerordentliche Freude gemacht. Glauben Sie mir daß ich in Erinnerung früherer Zeiten und Anhänglichkeit an alte Freunde, Ihnen nicht nachstehe. So wenig man sich wieder Brüder und Schwestern schaffen kann, wenn Vater und Mutter todt sind, so wenig kann man sich Freunde erwerben wie die sind, die ein früheres, völlig verschwundnes Jugendverhältniß uns verschaffte. Wir haben im Alter noch Überzeugung und Wahl aber die süße Nothwendigkeit der Jugend erscheint uns nicht wieder.

Haben Sie also herzlichen Dank für Ihren Brief, um so mehr als ich Ihre Empfehlung, nach meinen Verhältnissen, aufs beste honoriren kann.

Lassen Sie, damit ich gleich mit gutem Rathe anfange, Herrn Harland nicht zu spät im Oktober bey uns eintreffen. Geben Sie ihm ein Zeugniß mit daß er so lange bey Ihnen, als ein wackrer und unbescholtner Mann gelebt und gedient. Wollen Sie es von einer dortigen Gerichtsstelle bekräftigen lassen; so wird es nicht überflüssig seyn. Sie können bey dieser Gelegenheit zu seinen Gunsten das Beste sagen, [175] solches gereicht auch zu weiterer Empfehlung in andern Fällen.

Was die Universität Jena betrifft so denkt man sie im Wissenschaftlichen zu erhalten und wo möglich zu heben, und im Sittlichen immer zu sichten und zu bessern deswegen wird wie Sie vielleicht schon aus den Zeitungen gesehen haben, Niemand künftig ohne Zeugniß aufgenommen werden.

Herrn Harland will ich vorläufig an würdige Glieder der medicinischen Facultät empfehlen. Da er ohnehin über Weimar geht, so haben Sie die Güte ihn an mich zu addressiren damit ich ihm mündlich das nöthige sage.

Außer den Wissenschaftlichen Addressen will ich ihm auch noch andere geben damit er sich wegen der ersten Bedürfnisse des Lebens berathen könne.

Auf seine übrige Bildung und Kenntnisse, wie auf zufällige Umstände wird es ankommen in wie fern er etwa, unter guter Anleitung, sich durch Nebenarbeiten den Aufenthalt in Jena zu erleichtern im Stande ist.

Auf jede Weise soll mirs eine Freude seyn wenn ich einen Mann, der bey Ihnen, lieber Freund, so lange gelebt hat, geschwind bey uns einführen und so ein richten kann daß er die Avantagen die sich im Wissenschaftlichen bey uns finden, gehörig benutze. Ich wünsche daher ihn näher kennen zu lernen und von seinen Zwecken unterrichtet zu seyn.

[176] Wir haben diese Tage die immer gleiche La Roche bey uns gesehen. Überhaupt sollte man denken der Mensch verändere sich nicht, nach innen nämlich, denn nach außen ist es freylich mit den grauen Haaren nun so eine Sache.

Sollte der Krieg ein Ende finden; so sehe ich Sie auch einmal wieder. Indessen muß es meine Pflicht und meine Freude seyn in den engen Thälern wo die Ilm und Saale hinfließt zu leben und zu wirken.

Genießen Sie an dem heitern Mayn fröhliche Tage und gedencken eines alten Freundes mit fortdaurender Herzlichkeit.

W. d. [13.] Sept. 99.

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