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An Wilhelm Grimm

Für die mir zugesendete Übersetzung der Dänischen Lieder bin ich Ihnen sehr dankbar. Ich schätze seit [147] langer Zeit dergleichen Überreste der nordischen Poesie sehr hoch und habe mich an, manchem einzelnen Stück derselben schon früher ergetzt. Hier aber haben Sie uns nunmehr sehr viel bisher Unbekanntes gegeben, und durch eine glückliche Behandlungsweise aus vielem Einzelnen einen ganzen Körper gebildet. Solche Dinge thun viel bessere Wirkung, wenn man sie beysammen findet: denn eins nimmt uns dem Antheil den wir an dem andern zu nehmen haben, und diese fernen Stimmen werden uns vernehmlicher, wenn sie in Masse klingen. Sehr angenehm ist es auch, zu sehen, wie gewisse Gegenstände sich bey mehrern Völkern eine Neigung erworben, und von einem jeden nach seiner Art roher ausgebildeter behandelt worden.

Zu der Abschrift des zweyten Theils der Edda-Sämundar, wovon ich das Arendtsche Manuscript gesehen, wünsche ich Glück, und verlange sehr nach Ihrer Übersetzung. Sie melden mir zwar, daß Sie das erste Lied beygelegt, aber leider finde ich es nicht.

Wahrscheinlich ist es beym Auspacken in den Papieren des Umschlags geblieben, welches mir sehr leid thut, da ich Ihre Sendung in Jena erhalten und so leicht nicht nachkommen kann. Die zwey Bilder aber haben sich gefunden. Ich freue mich, daraus zu sehen, welche Fortschritte der junge Künstler macht. Grüßen Sie ihn von mir zum allerschönsten daß ich an Ihren Arbeiten einen lebhaften Antheil nehme, und daß ich unter diejenigen gehöre, [148] die sich immer des Gewinns, den Sie sich und uns auf diesem Felde verschaffen, aufrichtig erfreuen.

Ich wünschte recht wohl zu leben und bitte mich Ihrem Herrn Bruder aufs beste zu empfehlen.

Weimar den 18. August 1811.

Goethe.

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