6/1849.
An Johann Kaspar Lavater
[Ende December.]
Zu Ende des Jahres noch ein Wort mit dir. Der Fürstin hast du gewiß genützt. Es kommt doch oft nur darauf an, daß die Menschen sich durch einen dritten begreifen lernen.
Was die Herzoginn Louise gesagt hat, wollt ich hätten sie dir nicht geschrieben, denn was soll's? Vielmehr war es Schuldigkeit gewesen zu fragen: Wie verstehn Sie das? und zu sagen, daß man ohne nähere[231] Erklärung über einen Freund eine solche Äußerung nicht wohl hören könne. Ohne daß du es ausdrücklich verlangst, frage ich der Sache nicht weiter nach. Ich habe mich von Herzoginn Louise täglich mehr zu...., sie beträgt sich gar schön gegen mich, und ist auch sonst richtig und gut.
Das neue Jahr sieht mich freundlich an, und ich lasse das alte mit seinem Sonnenschein und Wolcken ruhig hinter mir.
Eine der vorzüglichsten Glückseligkeiten meines Lebens ist daß ich und Herder nichts mehr zwischen uns haben das uns trennte. Wäre ich nicht so ein ehrner Schweiger, so hätte sich alles früher gelöst, dafür ists aber auch für immer, und mir eine freudige Aussicht. Denn eines edlern Herzens und weitern Geistes ist nicht wohl ein Mensch.
Wäre es dir gegeben mir das nächste Jahr öffter zu schreiben, daß wir einander mehr genössen, so wollte ich auch fleißiger seyn. Gieb mir vom menschlichen deines Treibens und Wesens. Sende mir manchmal etwas wie du sonst thatst.
Hast du lange keinen merckwürdigen Menschen angetroffen, der mir unbekannt wäre?
Grüße Pfenningern! er soll verzeihen daß ich ihm für sein Andencken nicht selbst dancke.
Ergötzen dich nicht auch die Luftfahrer? Ich mag den Menschen gar zu gerne so etwas gönnen. Beyden den Erfindern und den Zuschauern.
[232] Lebe du auch wohl auf deinen Fahrten, und es geleite dich ein guter Geist durch die Welt, er nehme die Gestalt Pontius Pilatus an oder welche er wolle. – Lebewohl und neu mit dem neuen Jahr und vergiß nicht über dem Neuen des Alten.
G.