Erster Akt
Prometheus. Merkur.
PROMETHEUS.
Ich will nicht, sag es ihnen!
Und kurz und gut, ich will nicht!
Ihr Wille gegen meinen!
Eins gegen eins,
Mich dünkt, es hebt sich!
MERKUR.
Deinem Vater Zeus das bringen?
Deiner Mutter?
PROMETHEUS.
Was Vater! Mutter!
Weißt du, woher du kommst?
Ich stand, als ich zum erstenmal bemerkte
Die Füße stehn,
Und reichte, da ich
Diese Hände reichen fühlte,
Und fand die achtend meiner Tritte,
Die du nennst Vater, Mutter.
MERKUR.
Und reichend dir
Der Kindheit note Hülfe.
PROMETHEUS.
Und dafür hatten sie Gehorsam meiner Kindheit.
Den armen Sprößling zu bilden
Dahin, dorthin, nach dem Wind ihrer Grillen.
MERKUR.
Und schützten dich.
PROMETHEUS.
Wovor? Vor Gefahren,
Die sie fürchteten.
Haben sie das Herz bewahrt
Vor Schlangen, die es heimlich neidschten?
Diesen Busen gestählt,
Zu trotzen den Titanen?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit,
Mein Herr und eurer?
[176]MERKUR.
Elender! Deinen Göttern das,
Den Unendlichen?
PROMETHEUS.
Göttern? Ich bin kein Gott
Und bilde mir so viel ein als einer.
Unendlich? – Allmächtig? –
Was könnt ihr?
Könnt ihr den weiten Raum
Des Himmels und der Erde
Mir ballen in meine Faust?
Vermögt ihr mich zu scheiden
Von mir selbst?
Vermögt ihr mich auszudehnen,
Zu erweitern zu einer Welt?
MERKUR.
Das Schicksal!
PROMETHEUS.
Anerkennst du seine Macht?
Ich auch! –
Und geh, ich diene nicht Vasallen!
Merkur ab.
PROMETHEUS
zu seinen Statuen sich kehrend, die durch den ganzen Hain zerstreut stehen.
Unersetzlicher Augenblick!
Aus eurer Gesellschaft
Gerissen von dem Toren,
Meine Kinder!
Was es auch ist, das meinen Busen regt –
Sich einem Mädchen nahend.
Der Busen sollte mir entgegen wallen!
Das Auge spricht schon jetzt!
Sprich, rede, liebe Lippe, mir!
O, könnt ich euch das fühlen geben,
Was ihr seid!
Epimetheus kommt.
EPIMETHEUS.
Merkur beklagt sich bitter.
PROMETHEUS.
Hättest du kein Ohr für Klagen,
Er wär auch ungeklagt zurückgekehrt.
EPIMETHEUS.
Mein Bruder! Alles was recht ist!
Der Götter Vorschlag
War diesmal billig.
[177] Sie wollen dir Olympus' Spitze räumen,
Dort sollst du wohnen,
Sollst der Erde herrschen!
PROMETHEUS.
Ihr Burggraf sein
Und ihren Himmel schützen? –
Mein Vorschlag ist viel billiger:
Sie wollen mit mir teilen, und ich meine,
Daß ich mit ihnen nichts zu teilen habe.
Das, was ich habe, können sie nicht rauben,
Und was sie haben, mögen sie beschützen.
Hier Mein und Dein,
Und so sind wir geschieden.
EPIMETHEUS.
Wie vieles ist denn dein?
PROMETHEUS.
Der Kreis, den meine Wirksamkeit erfüllt!
Nichts drunter und nichts drüber! –
Was haben diese Sterne droben
Für ein Recht an mich,
Daß sie mich begaffen?
EPIMETHEUS.
Du stehst allein!
Dein Eigensinn verkennt die Wonne,
Wenn die Götter, du,
Die Deinigen und Welt und Himmel, all
Sich all ein innig Ganzes fühlten.
PROMETHEUS.
Ich kenne das!
Ich bitte, lieber Bruder,
Treib's, wie du kannst, und laß mich!
Epimetheus ab.
PROMETHEUS.
Hier meine Welt, mein All!
Hier fühl ich mich;
Hier alle meine Wünsche
In körperlichen Gestalten.
Meinen Geist so tausendfach
Geteilt und ganz in meinen teuern Kindern.
Minerva kommt.
PROMETHEUS.
Du wagst es, meine Göttin?
Wagest zu deines Vaters Feind zu treten?
MINERVA.
Ich ehre meinen Vater,
Und liebe dich, Prometheus!
PROMETHEUS.
Und du bist meinem Geist,
[178] Was er sich selbst ist;
Sind von Anbeginn
Mir deine Worte Himmelslicht gewesen!
Immer als wenn meine Seele spräche zu sich selbst,
Sie sich eröffnete
Und mitgeborne Harmonieen
In ihr erklängen aus sich selbst:
Das waren deine Worte.
So war ich selbst nicht selbst,
Und eine Gottheit sprach,
Wenn ich zu reden wähnte,
Und wähnt ich, eine Gottheit spreche,
Sprach ich selbst.
Und so mit dir und mir
So ein, so innig
Ewig meine Liebe dir!
MINERVA.
Und ich dir ewig gegenwärtig!
PROMETHEUS.
Wie der süße Dämmerschein
Der weggeschiednen Sonne
Dort heraufschwimmt
Vom finstern Kaukasus
Und meine Seel umgibt mit Wonneruh,
Abwesend auch mir immer gegenwärtig,
So haben meine Kräfte sich entwickelt
Mit jedem Atemzug aus deiner Himmelsluft.
Und welch ein Recht
Ergeizen sich die stolzen
Bewohner des Olympus
Auf meine Kräfte?
Sie sind mein, und mein ist ihr Gebrauch.
Nicht einen Fußtritt
Für den obersten der Götter mehr!
Für sie? Bin ich für sie?
MINERVA.
So wähnt die Macht.
PROMETHEUS.
Ich wähne, Göttin, auch
Und bin auch mächtig. –
Sonst! – Hast du mich nicht oft gesehn
In selbst erwählter Knechtschaft
Die Bürde tragen, die sie
[179] In feierlichem Ernst auf meine Schultern legten?
Hab ich die Arbeit nicht vollendet,
Jedes Tagwerk, auf ihr Geheiß,
Weil ich glaubte,
Sie sähen das Vergangne, das Zukünftige
Im Gegenwärtigen,
Und ihre Leitung, ihr Gebot
Sei uranfängliche,
Uneigennützige Weisheit?
MINERVA.
Du dientest, um der Freiheit wert zu sein.
PROMETHEUS.
Und möcht um vieles nicht
Mit dem Donnervogel tauschen
Und meines Herren Blitze stolz
In Sklavenklauen packen.
Was sind sie? Was ich?
MINERVA.
Dein Haß ist ungerecht!
Den Göttern fiel zum Lose Dauer
Und Macht und Weisheit und Liebe.
PROMETHEUS.
Haben sie das all
Doch nicht allein!
Ich daure so wie sie.
Wir alle sind ewig! –
Meines Anfangs erinnr ich mich nicht,
Zu enden hab ich keinen Beruf
Und seh das Ende nicht.
So bin ich ewig, denn ich bin! –
Und Weisheit –
Sie an den Bildnissen herumführend.
Sieh diese Stirn an!
Hat mein Finger nicht
Sie ausgeprägt?
Und dieses Busens Macht
Drängt sich entgegen
Der allanfallenden Gefahr umher.
Bleibt bei einer weiblichen Bildsäule stehen.
Und du, Pandora,
Heiliges Gefäß der Gaben alle,
Die ergötzlich sind
Unter dem weiten Himmel,
[180] Auf der unendlichen Erde,
Alles, was mich je erquickt von Wonnegefühl,
Was in des Schattens Kühle
Mir Labsal ergossen,
Der Sonne Liebe jemals Frühlingswonne,
Des Meeres laue Welle
Jemals Zärtlichkeit an meinen Busen angeschmiegt,
Und was ich je für reinen Himmelsglanz
Und Seelenruhgenuß geschmeckt –
Das all all – – Meine Pandora!
MINERVA.
Jupiter hat dir entboten,
Ihnen allen das Leben zu erteilen,
Wenn du seinem Antrag
Gehör gäbst.
PROMETHEUS.
Das war das einzige, was mich bedenken machte.
Allein – ich sollte Knecht sein und wir
All erkennen droben die Macht des Donnrers?
Nein! Sie mögen hier gebunden sein
Von ihrer Leblosigkeit,
Sie sind doch frei,
Und ich fühl ihre Freiheit!
MINERVA.
Und sie sollen leben!
Dem Schicksal ist es, nicht den Göttern,
Zu schenken das Leben und zu nehmen;
Komm, ich leite dich zum Quell des Lebens all,
Den Jupiter uns nicht verschließt:
Sie sollen leben, und durch dich!
PROMETHEUS.
Durch dich, o meine Göttin,
Leben, frei sich fühlen,
Leben! – Ihre Freude wird dein Dank sein!