II.
Einst lebte in Geyer ein armer Häuer Namens Hans Geißler, der war blutarm und hatte ein schwangeres Weib und viele Kinder und wußte sich oftmals keinen Bissen Brod. Am größten war aber seine Noth am Sylvesterabend, als die Niederkunft seines Weibes auf wenig Stunden nahe war, und er weder eine warme Stube noch sonst eine Erquickung, ja nicht einmal eine Wehmutter für sie hatte. Er eilte hinaus, eine erfahrene Muhme zu holen, verirrte sich aber bei dem gräßlichen Schneegestöber vom Wege und kam durch tiefe Wehen sich mühsam durcharbeitend, zuletzt an die Felsenschichten des Greifensteins. Er erschrack und wollte umkehren, als der Berggeist ihm erschien und mit freundlichem Blick ihn also ansprach: »Eile, glücklicher Vater! Gott hat Dein Weib mit drei holden Knäblein gesegnet! Wenn Du nichts dawider bist, will ich Dein Gevatter sein!« Da verließ Hansen die Furcht und er antwortete: »In Gottes Namen magst Du mein Gevatter sein, aber wie thue ich Dir die Stunde der Taufweihe kund?« Wie nun der Berggeist lächelnd sagte, daß er ohnedem zur rechten Zeit kommen werde, da verließ sich Hans darauf und eilte heim. Sein Weib hatte ihm wirklich drei holde Knäblein geboren. Am andern Tage, als Alles zur Taufe bereitet war, da ließ auch der Gevattersmann vom Greifenstein nicht auf sich warten. Er erschien in Häuerkleidung und übte das fromme Werk mit inniger Andacht und als die heilige Handlung vorüber war, da schenkte er Hansen einen Schlägel und ein Eisen und sprach: »Lieber Gevatter, bete und arbeite! Wo Du mit diesem Gezäh einschlägst, da wirst Du reiche Ausbeute finden, und dann denke allemal an Gott und Deinen Gevattersmann!« Darauf verschwand er: seine Worte aber trafen ein, Hans ward ein reicher Mann und soll die Siebenhöfe bei Geyer gebaut haben.