698) Sage von der Gründung Neuendorfs.
Nach mündlicher Ueberlieferung bearbeitet von Julius Schanz.
Von der Gründung Neuendorfs geht folgende Sage: Es waren in alten Zeiten zwei Ritter, die hatten Geld vollauf und wußten nicht, was sie damit anfangen sollten. Gern hätten sie ein schönes Schloß gebaut, aber kein Ort erschien ihnen dazu recht passend. Da kamen sie denn endlich mit einander dahin überein, ihr Geld auf Esel zu laden und da, wo diese sich niederlassen würden, ein Schloß zu erbauen.
Die Esel gingen fort über Berg und Thal, und die beiden Ritter folgten ihnen Schritt vor Schritt. Da kamen sie endlich auf eine breite Fläche, die war leer von Wald; daselbst stand herrliches Gras, denn die Gegend war bewässert von klaren Quellen. Die Esel, welche müde von der langen Reise waren, fraßen von dem Grase und legten sich endlich nieder auf die duftigen Matten. Da holten die Ritter am andern Tage Leute herbei, und bald erhob sich mit weitstrahlenden Zinnen das Schloß Neuendorf.
Die Ritter sollen von Reibold geheißen und lange Zeit das Schloß besessen haben. Mir aber scheinen die Esel mit einer andern erzgebirgischen Sage in Verbindung zu stehen, nach welcher der erste des Geschlechts derer von Reibold (?) ein Eselstreiber war und dadurch, daß seine Esel auf der Weide sich an Stücken aus der Erde gewachsenen Silbers [89] blutig stießen, der Besitzer unermeßlich reicher Silbergruben ward (s. oben Nr. 610).