516) Die Türkeischenke zu Wolferode. 1

Vor dem Dorfe Wolferode, da wo der Weg nach Bornstädt führt, steht eine Schenke, welche die Türkeischenke heißt. Dieser Name rührt aber daher, daß vor alten Zeiten, gerade als es hier einmal in den Bergwerken schlecht ging und Niemand viel verdiente, ein Balsamträger hierher kam, der erzählte, so Jemand sein Glück machen wolle, sei jetzt gerade vortreffliche Gelegenheit da. Die Bergwerke in der Türkei nämlich ständen unbebaut, weil alle Arbeiter hätten mit in den Krieg ziehen müssen, und der türkische Kaiser ließe jedem Bergmann, der zu ihm komme, nicht blos sehr hohen Lohn, sondern auch ein wahrhaft fürstliches Leben bieten. Das waren gute Nachrichten für die Mansfelder Bergleute und aus Ziegelrode, Härzesdorf, Weimelburg, Ahlsdorf, Blankenheim, Schmalzerode, Kresfeld, Helber, Bischberode fanden sich eine Menge Bergleute, die ihre Heimath verlassen wollten, um auf diese Nachricht hin frischweg in die Türkei zu ziehen. Alle diese Leute beredeten sich, sie wollten sich in der kürzesten Nacht im Sommer früh vier Uhr vor der Schenke zu Wolferode treffen. Wie gesagt, so gethan; sie kamen alle zu rechter Zeit hin, wohlgerüstet zu der langen Reise. Allein da sahen sie einen dicken, buckligen Bergmann, dem sie den Spottnamen: der Zwerg, gegeben hatten, auf einmal auf einer Weide am Gasthof sitzen. Der rief sie an, wo sie hinwollten und fragte sie, ob sie wohl närrisch wären, daß sie so aufs Geradewohl ohne alle Sicherheit, blos auf die Rederei eines Schwindlers ihr Vaterland und ihre Familien verlassen wollten. Kurz er redete ihnen so ins Herz, daß er sie bewegte, ihren thörichten Entschluß aufzugeben. Um [467] aber ihre Narrheit auf die Nachwelt zu bringen, nannte man fortan den Gasthof: Zur Türkei.

Fußnoten

1 Poetisch behandelt von Giebelhausen I. S. 20 sq.

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