199) Die Hexe zu Hillgenfelde. 1
Im Jahre 1687 den 28. Januar ist der Bauer Joachim Neitmann zu Hillgenfelde, einem Dorfe unweit Arendsee in der Altmark, zu dem dasigen [182] Prediger Herrn Joh. Schelius gekommen und hat ihm mit thränenden Augen erzählt, daß seine Tochter Susanna von Ilsaben Berendts, Asmi Berendts daselbst Tochter, zur Zauberei verführt worden, und zwar dergestalt: Vor vier Jahren, ohngefähr vier Wochen vor Ostern, hat sie sich mit der Ilsabe Berendts am Sonntage auf Jakob Berendts Kossatenhofe, nächst der Pfarre gelegen, wechselsweise im Schafstalle gebürstet, da sie dann unter andern gepflogenen Reden auch aufs Freien gekommen und Ils. Berendts angefangen, man hätte nicht nöthig zu Freien, man könnte auf andere Art und zwar mit den höllischen Buhlern Umgang pflegen und der Unlust mit Wartung der Kinder überhoben sein. Worauf der Susanne Neitmann heftig zu grausen anfing, und es ihr anfangs sehr zuwider gewesen, solches einzuwilligen, allein sie ist ihrer Einbildung nach von Ilsaben Berendts bezaubert worden, daß sie dazu große Lust gewonnen und noch selbigen Tages eingewilligt. Sobald sie das Jawort gegeben, sind sofort zwei Teufel in schwarzer Kleidung, jeder mit einem Menschen- und einem Pferdefuß, aufgetreten, davon der eine Andreas genannt der Ilsabe Buhle war, der andere aber, Klaus genannt, der Susannen Bräutigam sein sollte, worauf die Verlobung durch den Handschlag geschehen, wobei Susanne Neitmann versprochen, dem Teufel alle Wochen ein hausbackenes Brot zu geben und in ihrer Lade zu überliefern, welches Brot auch alle Sonntage weggewesen ist. Der Teufel hat auch angelobt, alle Nächte zu ihr zu kommen, worauf er auch sofort die folgende Nacht in ihres Vaters Haus gekommen und mit ihr die Ehe vollzogen hat. Hierauf hat sie nach verflossenen vier Wochen eine Eidechse geboren, welche mit ihrer gewöhnlichen Reinigung fortgegangen ist. Dieses eheliche Zusammenleben ist aber bei sommerlicher Zeit immer continuirt worden, so daß sie vierzehn Eidechsen nach einander zur Welt gebracht hat, die sie alle lebendig unter die Schwelle habe laufen sehen. So hat sie auch berichtet, daß sie sich jederzeit nach der Teufelsgeburt drei Tage lang krank befunden und sonderlich über Schwerigkeit der Füße klagen müssen. Nach geschehener Verlobung, da Ilsabe des Teufels Hand in Susannens Hand gelegt und gesagt: »Siehe, da hast Du Deinen Liebsten«, sind sie beide mit den Teufeln gepaart Hand in Hand bei hellem Tage über die Gasse nach Asmus Berendts Hofe gegangen, indem die Teufel sie versichert, daß sie von Niemandem sollten gesehen werden, allwo Susanne nach dem Schulzenhofe wärts einen Stecken ohngefähr mitten im Zaune fassen und schwören mußte, daß sie von Gott ablassen und ihren Klaus lieb haben wollte. Ferner hat Ilsabe der Susanne in einem schwarzgefärbten leinenen Tuche eine lebendige Eidechse mit nach Hause gegeben, von welcher sie gesagt hat, daß sie solche von ihrem Umgange mit Satanas geboren, und sie wäre dazu gut, daß sie damit, wenn sie dieselbe zu Pulver verbrennte, Menschen und Vieh Schaden thun könnte, daß sie verlahmen, ja gar sterben müßten; darum sollte sie sie fleißig in ihrer Lade aufheben. Diese Eidechse aber hat die Neitmann dem Prediger bei ihrer Examination nicht schaffen können, und hat gesagt, sie wüßte nicht, wo sie geblieben wäre. Ilsabe aber hatte noch hinzugesetzt, dergleichen Kräfte würden auch die Eidechsen haben, die sie künftig selbst zur Welt bringen würde.
Ob nun wohl die Susanne Neitmann dießfalls eingewilligt gehabt, namentlich weil ihr Ilsabe Berendts weiß gemacht, solchen Buhlgeist hätten die meisten unter dem Frauenvolke, wiewohl sie es nicht einem Jeden auf [183] die Nase bänden, ist ihr doch die Sache sofort verdächtig vorgekommen, weil, da sie mit dem Gebete hätte continuiren wollen, ihr Buhler solches nicht hätte zugeben wollen, daß sie auch des andern oder dritten Tages nach erlernter Bosheit zu Ilsaben gesagt, sie wolle wieder davon los sein und es offenbaren, worauf Ilsabe geantwortet, so wolle sie es leugnen, ihr Nein wäre gerade so gut als dieser ihr Ja. Wodurch sich denn die Susanne hat schrecken lassen und mit dem Bekenntniß inne gehalten, weil sie sich vor Schimpf gefürchtet. Als aber der Satan ihr das Beten durchaus nicht hat gestatten wollen und sie deswegen manchmal hart geschlagen hat, solches mit ihr auch ganzer vier Jahre getrieben, sie auch während der Zeit sonderlich dreimal dergestalt zugerichtet, daß sie ganz bettlägerig geworden und es sich ansehen lassen, als ob er sie gar todtschlagen würde, so haben ihre Eltern endlich Verdacht geschöpft. Da nun der teuflische Buhlgeist seit letzten Weihnachten nicht mit ihr zu schaffen gehabt hat, doch aber alle Nächte in seiner vorigen Gestalt mit schwarzkrausen Haaren zu ihr gekommen ist, sie beständig geschlagen und gestoßen hat und sie namentlich die Nacht vorher, ehe der Vater zu dem Geistlichen gegangen ist, sie heftig geprügelt, weil sie gebetet hatte, ja da er auch verlangte, sie solle ihrer Stiefmutter Böses beibringen, wozu er ihr die Sachen herbeischaffen würde, auch die Stiefmutter einst bei Susannens großem Elende angefangen zu sagen, demjenigen, der sie so plage, werde dermaleins der Teufel glühende Kohlen mit Schippen zuwerfen, ist sie allmählig zum Bekenntniß bewogen worden und hat ausgesagt, sie sei verführt worden von einer, die Ilsabe heiße, dieselbe wäre aber jetzt nicht hier (sie hatte sich dasselbe Jahr nach Kleinau bei Andreas Ferchowen vermiethet). Als nun die Mutter weiter nachgefragt, hat sie weiter nichts bekennen wollen oder dürfen, als daß es auf und nieder gegangen wäre. Des dritten Tages aber hat sie Alles bekannt, so wie es ihr Vater dem Prediger erzählt hat, und begehrt, ihr Vater solle zu diesem als seinem Beichtvater gehen und Alles offenbaren, ihre Sünden wären ihr herzlich leid und sie wolle gern ihre Strafe am Leibe ausstehen, sofern nur Gott ihre Seele wieder zu Gnaden annehmen wolle. Der Vater aber hat des daraus entstehenden Schimpfes wegen Bedenken getragen ihr zu willfahren, ist vielmehr nach Dessau gefahren, um sich daselbst mit seiner Schwester und ihrem Ehemanne Moritz Trost über diese Sache zu besprechen. Als diese nun ihm aber ebenfalls abgeredet, weil der Schimpf zu groß werden würde, und der Vater also keine Anzeige hat machen wollen, da hat die Susanne gesagt, so er nicht hingehen wolle, so wolle sie selbst zu ihm hingehen oder kriechen (weil sie eben damals vom Satan arg zugerichtet worden war) und ihm Alles offenbaren, wodurch denn ihr Vater endlich bewogen worden ist und wie gesagt zu dem Prediger hinging und ihm Alles erzählt hat. Hierauf ist der Geistliche in das Haus des Neitmann selbst gegangen und hat die Tochter selbst verhört; ihre Antworten aber sind genau so gewesen, wie der Vater es ihm schon hinterbracht hatte. Darauf ist der Prediger am 1. Februar 1687 nach Arendsee gefahren und hat sich in der St. Johanniskirche daselbst über diesen Fall mit dem dasigen Pfarrer Herrn Donat Gregorii unterredet. Weil aber ihm dieser auch keinen Rath ertheilen konnte, ist er am 4. Februar nach Salzwedel zu dem damaligen Superintendenten Herrn Joh. Hinzelmann gereist, um dessen Meinung zu vernehmen. Die Antwort desselben fiel aber dahin[184] aus, daß man die Sache allerdings in die Hände der Obrigkeit bringen müsse, worauf Neitmann den 5. Februar seine Tochter auf dem Churf. Amte Arendsee angegeben hat und Herr Joh. Schelius gefordert worden ist, auszusagen, was er von seiner Tochter gehört hätte. Nach erhaltenem Bericht hat der Herr Amtmann Albrecht Ludwig Walther an den Herrn von Schulenburg zu Apenburg geschrieben und ihn gebeten, daß Ilsabe Berendts, welche in seinem Gebiete, nämlich zu Kleinau diente, inhaftirt werden möchte, welches auch den 8. Februar geschehen ist. Hierauf hat Neitmann seine Tochter auf's Amt bringen müssen, um verhört zu werden, und hat der Amtmann dem Herrn Prediger Schelius angesonnen, nach Salzwedel zu einem erfahrenen Medicus zu reifen und sich zu erkundigen, ob diese, der Susannen, Aussagungen nicht etwa aus Schwermuth herkämen. Es ist deshalb Herr Licentiat Friedrich Guzki aus der Neuen Stadt Salzwedel consultirt worden. Als dessen Bericht eingelaufen war, hat der Amtmann Ilsaben Berendts, da deren Vater, Asmus Berendts, alle seine Güter für dieselbe unterpfändlich eingesetzt, zu Apenburg losgeschrieben und darauf hat sie der Vater selbst den 18. Februar ins Amt geliefert, woselbst sie sofort in Gegenwart des Herrn Schelius mit Susannen confrontirt worden ist. Sie wollte aber durchaus nichts gestehen, und bestand auf ihrem: ich weiß nicht! so hartnäckig, als wenn sie ganz unempfindlich oder gar steinern gewesen. Weil indessen auch ihre Stiefmutter, Katharina Niemann, aus Binde gebürtig, wiewohl ungefordert, vor Gericht erschien und auf Susannens Aussage, daß Ils. Berendts ihre Büberei von gedachter ihrer Stiefmutter sollte gelernt haben, so hat diese Alte gleichfalls nicht allein nichts gestehen wollen, sondern auch halsstarriglich in der Gerichtsstube sich verlauten lassen: hier bin ich! ich will nicht vom Amte gehen, lasset mich schließen! worauf denn auch sowohl die Tochter als die Mutter geschlossen und gefänglich eingezogen worden. Von dieser Zeit an hat man sie beide zum Oeftern mit den nachdrücklichsten Vorstellungen verhört, aus dem alten Weibe war aber kein Bekenntniß herauszubringen, wogegen ihre Tochter gleich beim zweiten Verhöre Alles gestanden hat. Nachdem nun noch andere Zeugnisse aus hiesigem Dorfe eingebracht worden, sind die Acten an die hochlöbl. Juristenfacultät zu Frankfurt a.d.O. verschickt worden, wo denn das erste Mal als Urtel gekommen ist, daß Katharinen Niemann die Wahrheit durch peinliche Mittel sollte abgefragt werden. Als solches geschehen und sie bei der Tortur fast Alles zugestanden, wurde sie in die Gerichtsstube geführt, wo sie fast Alles wieder ableugnete, weshalb der Amtmann bewogen worden, die Sache anderweit an gedachte Facultät gelangen zu lassen, da denn abermals das Peinurtheil herausgekommen. Aber auch unter der Marter wollte sie nichts gestehen, sondern berief sich beständig auf ihre Unschuld. Man confrontirte sie hernach nochmals mit ihrer Tochter, man legte ihr alle ins Gericht gebrachte verdächtige Pulver vor Augen und befragte sie bei jeglichem, was es wäre? Anfangs wollte sie nichts gestehen, obgleich die Tochter ihr Alles unter die Augen sagte. Wie aber diese wieder abgeführt wurde und man die Alte zum freiwilligen Bekenntniß ermahnte, nahm der Herr Amtmann Gelegenheit, den Geistlichen in seiner Ermahnung zu unterstützen. Da man nun eine Weile auf ihre Antwort gewartet hatte und alle Hoffnung zerronnen schien, etwas von diesem Weibe zu erfahren, fing sie bald darauf von freien Stücken an zu heulen und zu schreien: o Herr Gott, [185] Herr Gott! Was habe ich gethan! Welche große Sünde habe ich begangen! Und als man sie fragte, was für Sünden sie begangen, da sie doch vorher nichts gestehen wollen, antwortete sie, sie habe Alles das gethan, was ihre Stieftochter ausgesagt hätte. Wie nun der Amtmann hierauf versetzte, dies sei nicht genug, sie solle und müsse selbst stückweise erzählen, was sie begangen, so hat sie unter andern Stücken ihrer Bosheit ausgesagt und gerichtlich gestanden: 1) daß sie ihrer Tochter im Garten, nächst dem Pfarrgarten gelegen, beim Kohlpflanzen die Zauberkunst gelehrt und sie unter andern dadurch dazu gebracht hätte, daß sie in ihren Garten einen lieblichen Regen fallen lassen, da doch mittlerweile in andern Gärten kein Tropfen niedergefallen; 2) daß das eine von den vorgezeigten Pulvern von gebrannten Eidechsen und dazu zu gebrauchen wäre, Leute und Vieh zu lähmen und zu tödten; 3) daß sie ihres Bruders Weibe, Marien Berendts, ihre Tochter Adelgunde umgebracht habe, weil ihr dieselbe zur Contribution kein Geld, als etwa 16 Groschen leihen wollen; 4) daß auf ihr Anstiften ihre Tochter Ilsabe durch ein ihr zu dem Ende gereichtes Zauberpulver Joachim Trostens Tochter Margarethen habe opfern müssen, aus Ursache, weil dessen Schwiegervater Hans Kempe ihr manchmal so harte und empfindliche Reden zu verschlucken gegeben; 5) daß sie ihre Kunst von einer Tartarin in ihrem eigenen Hause er lernt, damit sie möge Segen haben; 6) daß sie den von dieser Tartarin erhaltenen Geist ihrer Stieftochter wieder zugebracht habe etc. Alles dieses leugnete sie aber einige Tage nachher wieder ab, daher der Amtmann nochmals etliche Prediger zu ihr schickte, welche sie zur Ablegung eines aufrichtigen Bekenntnisses ernstlich ermahnen mußten. Nachdem sie sich endlich gegen diese Prediger anheischig gemacht, Alles rund heraus zu beichten, wurde sie nochmals in Gegenwart zweier Zeugen gerichtlich verhört, wo sie denn fast Alles Obige gestand. Man verschickte die Acten nach Frankfurt und da kam das Urtheil zurück: 1) daß Susanna Neitmann mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht und hernach an dem Orte begraben werden sollte, wohin die Uebelthäter gehören; 2) daß Ilsabe Berendts gleichfalls mit dem Schwerte gerichtet, alsdann aber ihr Körper verbrannt werden sollte; 3) daß Katharina Niemann, wofern sie bei ihrem Bekenntniß verbleiben werde, lebendig verbrannt werden sollte. Der Tag zur Vollziehung des Urtheils wurde auf den 29. Julius gesetzt. Allein wie die Alte den Ernst merkte, hat sie abermals geleugnet. Daher ist die Execution abermals ausgesetzt worden. Unterdessen hat sie sich doch aber durch fleißiges Zureden der Prediger gewinnen lassen, nochmals ein aufrichtiges Bekenntniß zu thun und versprochen, dabei zu leben und zu sterben, hat auch ihr Wort gehalten, daher ist allen drei Inquisitinnen auf ihr Begehren den 4. August das heilige Nachtmahl gereicht und der Tag nachher zur Execution festgesetzt worden. Unterdessen sind aber der Susanna Neitmann noch verschiedene Fragen vorgelegt worden: ob denn sonst der Satan ihr gern habe zulassen wollen zum h. Abendmahl zu gehen, als dessen sie doch allererst vor 6 oder 7 Wochen genossen habe? So antwortete sie, et habe gesagt, sie möchte nur gehen, damit die Leute nichts Verdächtiges an ihr merkten, sie solle aber nicht andächtig dabei sein, sondern nur zum Schein hingehen, sonst werde er sie züchtigen. Gefragt, ob sie denn auch das Brot und den Wein wirklich genossen, hat sie zur Antwort gegeben: ja, aber es wäre ihr bei Nießung des Brotes so schrau (d.h. schmerzhaft, ritzend) im [186] Halse geworden. Ferner ob er ihr das Kirchengehen und Predigthören willig erlaubt habe? Ja, aber mit der Bedingung, sie solle ganz und gar keine Andacht dabei bezeigen, auch habe er sie, da sie einige Male des Befehles ungeachtet mit Andacht zugehört, in den folgenden Nächten geschlagen, doch nicht so hart als die vorgedachten dreimal, so daß sie eben nicht bettlägerig geworden und noch immer beim Gehen bleiben können. Auch habe er sie, so oft er ihr befohlen, andern Leuten Schaden zu thun, wozu er ihr schon die nöthigen Sachen anschaffen werde, wenn sie alsdann nicht habe einwilligen wollen, allemal sehr heftig durchgeprügelt. Gefragt, ob sie ihren Geschwistern Schaden zugefügt, weil sie doch fast alle bettlägerig wären? antwortete sie: nein, das hätte ihr Klaus gethan, weil die Kinder bei Wartung des Viehes so schrecklich geflucht, wie ihr der Geist selbst gesagt und offenbaret hätte. So hat auch ebenerwähnte Susanna ihrem Buhlen bei der ersten Zusammenkunft angeloben müssen, daß sie ihm getreu sein und mit Leib und Seele sein Eigenthum bleiben wolle, alsdann solle sie auch alle Nacht Lust von ihm haben; habe sie sich aber bisweilen aus seinen Armen zurückziehen wollen, da habe der Teufel sie elendiglich zugerichtet, und wenn dann nach ihrer Genesung der Geist wieder zu ihr gekommen sei, so habe er ihr zugeredet und eingeschärft, sie solle nur nicht beten oder andächtig und gottesfürchtig, sondern vielmehr ihm getreu sein, dann werde er sie nicht mehr schlagen, stoßen, reißen oder kneipen. Gefragt, was der Teufel gesagt, wenn sie von seinen Schlägen genesen, antwortete sie: sie solle nur nicht so gebetet haben, so würde er sie nicht so gelähmt haben. Ob sie von der Verbindung mit dem Teufel keinen Anfall gehabt oder bettlägerig gemacht worden? sagte sie: nein, sondern nur, wenn sie widerstürzig habe werden wollen, habe sie solches Alles erleiden müssen. »Ob sie es Jemand wieder gelehrt oder damit Schaden gethan?« »Nein, sondern eben darum, weil sie solches durchaus nicht habe thun wollen, habe sie soviel ausstehen müssen.« »Ob nicht der Buhlgeist wieder zu ihr gekommen sei, nachdem der Prediger zu ihr gegangen wäre und sie zur Buße ermahnt hatte?« »Von dem ersten Tage an, da er sie besucht, wie auch bis ans Ende ihres Lebens hätte sie ihn nicht wieder gesehen oder gespüret.« Weiter gefragt, ob sie in der Hexengesellschaft mit auf dem Blocksberge gewesen? antwortete sie: ja, sie wäre einmal auf einem Berge gewesen, wußte aber nicht, wo und auf welchem Berge, doch hätten sie auf demselben getanzt und gesprungen, und wären aus hiesigem Dorfe auch Asmus Berendts Frau, die Katharina Niemanns und deren Stieftochter Ilsabe mit erschienen; sie selbst, die Susanna, hätte auch mit ihrem Klaus beim Geigenspiel getanzt, und von den beiden Spielleuten hätte der eine einen krummen Rücken gehabt, es wäre daselbst gutes Bier gewesen, wovon sie mitgetrunken, auch allerhand Essen, wovon sie aber nichts genossen. So sagte sie auch aus, daß sie auf einem Bocke dorthin gebracht worden sei. Ferner Ilsabe Berendts habe in nächstverwichener Ernte die Anne N.N., wenn sie mit ihr unter 3 Garben sitzen gehen wollte, solche Künste lehren wollen, welche ihr ihr Lebtage gutthun sollten, nämlich wie sie aus einem Ständer oder einer Säule Milch melken sollte, soviel als sie verlangte, und als sie von einem einfallenden Regen verhindert worden, dieses ihr Vorhaben zu bewerkstelligen und folglich von einander laufen müssen, so sei die Anne [187] hernach so verrückt geblieben, als wäre sie ganz dumm, so daß sie auch manchmal in tiefen Gedanken über Tische bei der Schüssel vorbeigegriffen, doch sei sie endlich mit der Zeit wieder zu sich selbst gekommen etc. Katharina Niemanns habe sich auf Jacob Berendts Hofe einst verlauten lassen, aus den geborenen Eidechsen würden Alfen oder Elfen, welche die Kinder quäleten, und wovon dessen Töchterlein Adelgunde acht Paar gehabt hätte, hierauf habe Maria Krügers, Joachim Tiedens Frau, versetzt, sie würde ihrer Tochter die Eidechsen von einem ganzen Jahre zusammengebracht haben. Als Hans Kempe die Susanna den nächsten Sonnabend vorher, ehe sie zur gefänglichen Haft gebracht worden, gefragt: ob sie auch wohl beten könne? habe sie aus Psalm 101 geantwortet: weichet von mir alle Uebelthäter! Wie nun aber die Neitmannin dazu gekommen und gesagt habe: ja, es könnten auch wohl alle Hexen beten, so habe die Katharina Niemanns ganz stille dazu geschwiegen. Item habe sie die Katharina gedachten Kempen und eins seiner Kinder angeblasen, welche auch wieder zurückgeblasen und sie ins Angesicht schlagen wollen. Endlich hat sie auch noch ausgesagt, die Katharina habe Marien Berendts, als solche bei ihr gedient, wohl zwan zig Böten (Zauberformeln, Segensprechereien) lehren wollen, weil aber diese sich geweigert, solche insgesammt zu lernen, sei jene verdrießlich geworden und habe ihr hernach keine einzige entdecken oder vorsagen wollen. Es wurde nun auf dem Kurfürstl. Amtsplatze, da es zuvor immer auf der Neuen Stadt vor dem Rathhause geschehen, öffentlich nochmals über die drei Hexen Gericht gehalten, dann ging der Zug durch die Stadt hindurch zum Gerichtsplatze, ein Theil der bewaffneten Mannschaft ging voran, jede der drei armen Sünderinnen wurde von einem Henkersknechte an einem Strick geführt und von zwei Predigern und sechs bewaffneten Bürgern begleitet. Den Trupp schloß eine gute Anzahl bewaffneter Leute. In dieser Ordnung wurde durch die ganze Stadt mit abwechselnden Gebeten und Ermahnungen und Gesängen die Gerichtsstelle vor dem Seehausenschen Thore erreicht. Der geschlossene Kreis wurde geöffnet und erstlich die Susanna in demselben rechter Hand wärts so lange herumgeführt, als das Lied: Gott der Vater, wohn' uns bei etc. währte. Nachdem ihr durch einen einzigen Hieb das Haupt abgeschlagen worden, sang man: Nun bitten wir den heiligen Geist etc. Darauf wurde ihr Körper in einen Sarg gelegt, nach Hillgenfelde gefahren und daselbst an einer Ecke außerhalb der Ringmauern des Kirchhofes begraben. Dann trat zweitens die Ilsabe nebst ihren Begleitern hinein, wurde gleichergestalt etliche Male darin herumgeführt, hernach enthauptet und ihr Körper von den Bütteln auf den schon dastehenden Holzhaufen gelegt und mit Stroh zugedeckt. Endlich wurde die Katharina Niemanns rücklings auf einer Leiter auf diesen Holzhaufen hinaufgeschleppt, mit einer Kette um den Leib und Hals festgebunden und dabei sonderlich die Krempe am Halse so hart zugezogen, daß sie im Gesicht ganz braun ward und dasselbige einigermaßen aufgeschwollen schien. Gleich darauf wurde der aus Holz, Stroh und tannenen Reisern aufgeführte Scheiterhaufen angezündet, der dann unter beständigem Gesange so lange loderte, bis beide Körper völlig zu Asche verbrannt worden. So geschehen auf dem Köppenberge vor Arendsee den 5. August 1687.
Fußnoten
1 Nach Reinhard, Vermischte Beiträge zur Beförderung einer nähern Einsicht in das gesammte Geisterreich, Bd. I. S. 100 etc. Das Urtel ist abgedruckt bei Beckmann Th. V. Bd. I. Cap. IX. S. 39 etc.