I.
Der alten Ortenburg gegenüber erhebt der sogenannte Protschenberg sein granitnes Haupt, welches fruchtbare Getreidefelder, in deren Mitte sich der Friedhof befindet, bedecken. Man sagt, daß vor alten Zeiten auf demselben eine Burg gestanden, von der ein unterirdischer Gang zur Spree herabgeführt habe, und als Ueberrest davon zeigt man noch heute in der Mitte des zackigen Felsabhanges die Teufeshöhle, ein enges, nur etwa 5-6 Schuh weit hineingehendes Felsenloch mit schlüpfrigem, abschüssigem Eingange. Es soll aber diese Höhle unermeßliche Schätze bergen, die von drei alten Männern mit langen, weißen Bärten bewacht werden.
Vor mehreren hundert Jahren ging ein verarmter Bürger Budissins am Fuße des Protschenberges spazieren. In der engen Stube mochten ihn die Nahrungssorgen zu sehr geängstigt haben, daher hoffte er im Freien Ruhe zu finden. Er klagte hier seiner Mutter, der liebevoll sorgenden Natur seine Herzensangst und bat sie flehendlich, daß sie ihn bald zu sich nehme in ihren Schooß, worin Ruhe finden Alle, die da mühselig und beladen sind. Auf einmal, als er so in Gedanken versunken an den Felsen des Protschenberges umherkletterte, sah er vor sich die schon damals berüchtigte Teufelshöhle und in derselben drei alte Männer um einen steinernen Tisch sitzen. Die Männer schienen selbst von Stein zu sein, so verwittert sahen sie aus und so regungslos saßen sie da. Erschreckt wollte der Bürger aus dem Bereiche der Höhle fliehen, aber es war ihm nicht möglich. Seine Angst wurde noch vermehrt, als ihm einer der Männer winkte, näher [138] zu treten. Er faßte sich endlich und trat, wiewohl beklommen, an den Eingang der Höhle. Dieselbe hatte sich wunderbar erweitert und war an den Wänden mit Gold und Juwelen geschmückt, auf dem steinernen Tische aber lag ein Haufen Goldstücke. Das Männchen, welches ihn genöthigt, näher zu treten, deutete ihm hierauf an, sich so viel von dem Goldhaufen zu nehmen, als er zur Abhilfe seiner Noth bedürfe, und nannte ihm den Tag, an welchem er wieder erscheinen könne, sollte das Geld nicht ausreichen. Es verbot ihm aber zugleich, Niemandem von allen dem etwas zu sagen, was er hier gesehen und erlebt habe. Der Arme langte erfreut zu, füllte sich die Taschen mit Goldstücken und entfernte sich dankend von den freundlichen und mitleidigen Geistern. Jetzt begann er ein neues Leben, aber nicht ein Leben voll Gottesfurcht. Er betete nicht, er arbeitete nicht, sondern saß vom Morgen bis zum Abend im Wirthshause. Durch dieses flotte Leben erregte er Aufsehen, seine Mitbürger steckten die Köpfe zusammen und konnten ihre Verwunderung nicht verbergen, auf welche Weise der einst so Arme reich geworden sei. Einer unternahm es, ihn auszuforschen, und erfuhr auch in Folge eines Rausches das ganze Geheimniß. Er forderte ihm hierauf durch Drohungen das Versprechen ab, ihn mitzunehmen, sobald er wieder zur Höhle gehe, um sich Geld zu holen. An dem bestimmten Tage und zur bestimmten Stunde begaben sich nun Beide auf den Weg und traten vor die Höhle, aber dieselbe blieb verschlossen und öffnete sich nicht. Seit dieser Zeit ist es noch Niemandem weiter geglückt, in nähere Gemeinschaft mit den Geistern und ihrem Golde zu gelangen, sie bleiben ruhig im Innern des Berges und hüten ihre Schätze.