360. Die Bekehrung der Pommern durch Bischof Otto von Bamberg.

(S. Kanngießer S. 548-623.)


Otto, Bischof von Bamberg, der Gönner des St. Michaelsklosters daselbst, welches er eigentlich auf seine Kosten nach dem Einsturze desselben in Folge eines Erdbebens im Jahre 1117 wieder hat aufführen lassen, hatte von dem Bischof Bernhard so viel über die ungläubigen Pommern gehört, daß in ihm der Wunsch aufstieg, das, was diesem nicht gelungen war, selbst zu versuchen, und so bedurfte es kaum des Einladungsbriefes des Herzogs von Polen, Boleslaus, dorthin zu kommen, sondern er begab sich am 24. April 1124, begleitet von mehreren Geistlichen von Bamberg, auf die Reise. Er erhielt unterwegs auf dem Wege, den er durch Böhmen, Schlesien und Polen nahm, alle nöthige Unterstützung von Seiten des polnischen Herzogs und seiner Magnaten und als er an der Netze bei Uscz an die Grenze von Pommern gelangte, empfing ihn dort der Herzog Wratislav von Pommern auf dem Schlosse Zitarigroda, welches auf der linken Seite der Netze noch auf polnischem Boden lag. Nach dem Uebergange über den Fluß gelangten sie, nachdem sie sieben Tage hintereinander durch[415] eine große Wüste, wo sie von giftigen Thieren mit großer Gefahr bedroht wurden, gezogen waren, nach dem Schlosse Pyritz, wo gerade an die 4000 Menschen zusammengeströmt waren und dort ein heidnisches Fest mit Spiel, Ausschweifungen, Gesang und Tanz feierten. Des Festes wegen war der Pommersche Adel auf dem Schlosse gerade beisammen, und diese Herren beschlossen nun selbst sich zuerst zum Christenthum zu bekehren und ihre alten Götter, die sie gegen den Christengott nicht zu schützen im Stande wären, zu verlassen. Sie zogen ihm also entgegen und führten ihn mitten durch das heidnische Volk in die Burg. Dort unterrichtete Bischof Otto und seine Priester das Volk sieben Tage lang und ließen sie die Worte im kleinen Katechismus auswendig lernen, darnach hießen sie dasselbe drei Tage lang fasten; als sie aber gefastet, mußten sie baden und reine Kleider anziehen, also daß sie nicht nur mit reinem Herzen, sondern auch mit sauberem Leibe zur Taufe gehen sollten. Er hatte aber drei Taufanstalten einrichten lassen, eine für die erwachsenen Knaben, welche er selbst taufte, die zweite für die Männer, die dritte für die Frauen, welche beiden letztern Klassen aber seine Geistlichen tauften. Um aber zu verhindern, daß die ehrbaren Personen, weil die Täuflinge nach damaligem Gebrauche in die mit Wasser gefüllte Taufwanne steigen mußten, nicht etwa unter dem Vorwande, daß sie schamroth würden, der Taufe sich entziehen möchten, ließ er um die in die Erde eingegrabenen Tauffässer Vorhänge ziehen, deren innerer Raum durch eine Scheidewand in zwei Theile getheilt ward, so daß weder der Täufling den Priester, noch der Priester den Täufling sehen konnte. So taufte er in zwanzig Tagen gegen 7000 Personen, die von allen Seiten nach Pyritz kamen. Weil nun aber in jener Gegend damals kein Wasser zum Taufen war, so stieß der Bischof seinen Stab in die Erde und sofort quoll aus derselben jene Quelle hervor, welche seit dieser Zeit der heilige oder der Otto-Brunnen genannt wird. Diese Quelle aber ist seit dem Jahre 1824 würdig erneuert worden; sie ist mit behauenem Granit eingefriedigt worden und bequeme Stufen führen zu ihr hinab; über ihr erhebt sich ein großes granitnes Kreuz, dessen Inschrift auf ihren Ursprung Bezug hat.

Nachdem nun Bischof Otto den Neugetauften den ersten Unterricht im christlichen Glauben ertheilt hatte, legte er zu Pyritz den Grund zu einer Kirche und richtete gleichzeitig auch den Gottesdienst daselbst ein, dann aber begab er sich nach der Residenz des Herzogs, dem damals sehr kleinen Flecken Kammin (24. Juni 1124), wo ihm aber Helia, die Gemahlin des Herzogs, eine Christin, bereits den Weg geebnet hatte, so daß die ganze Bevölkerung der Stadt und Umgegend sich sofort bereit zeigte, die Taufe anzunehmen. Ebendaselbst trat denn auch der Herzog Wratislav selbst zum Christenthum über und schwur gleichzeitig auch, daß er seine 24 Kebsweiber, die er nach heidnischem Gebrauche neben seiner Ehegemahlin angenommen hatte, aufgeben wolle. Zur Herstellung des regelmäßigen Gottesdienstes ward nun aber auch hier in aller Eile eine Kirche errichtet. Eine einzige Person zeigte sich jedoch zu Kammin widerspenstig, diese war eine vornehme und begüterte Edelfrau, eine Wittwe. Dieser war es vorzüglich anstößig, daß durch Einführung der Sonntagsfeier die Arbeiter der Landwirthschaft entzogen und die Feldarbeiten einen ganzen Tag der Woche versäumt wurden. Als nun eines Sonntags im Julius diese Frau ihren Dienstleuten verbot [416] in die Kirche zu gehen und laut erklärte, es sei nützlicher, aufs Feld zu gehen und das Korn zu schneiden, als dem neuen Gotte durch Müßiggang zu dienen, und sie selbst mit aufs Feld gegangen war und ihren Leuten zurief, sie möchten ebenso arbeiten, wie sie selbst es thun werde, so trug es sich zu, daß, als sie die Aermel aufgestreift, ihr Gewand gegürtet, eine Sichel mit der Rechten ergriffen hatte und mit der Linken das Korn aufraffte, sie plötzlich erkrankte, die Sprache verlor und vom Schlage getroffen ward. Ihre Dienstleute liefen herbei und ihr Uebelbefinden der Wirkung des christlichen Gottes zuschreibend baten sie sie, von ihrer verwegenen Handlung abzustehen und riefen: »Der Gott der Christen ist stark!« Allein sie konnte nichts mehr antworten, ihre Hände hatte der Krampf ergriffen, sie sank zur Erde und hauchte ihre schuldvolle Seele in das höllische Feuer aus. Ihre Dienstleute aber hoben die Edelfrau auf den Wagen und eilten sogleich zur Kirche um die Taufe zu empfangen.

Von Kammin begab sich nun der Bischof zu Schiffe nach Julin, ward aber von dem Frachtführer Domeslav, Vater und Sohne, unterwegs bange gemacht und verleitet, sich des Nachts in Julin heimlich einzuschleichen. Darüber entstand ein Auflauf und Otto sammt seinen Begleitern ward genöthigt, das herzogliche Schloß in Julin wieder zu verlassen. Bei seinem Rückzuge aus der Stadt warf indeß plötzlich ein roher Mann mit einem gewaltigen Stocke nach dem Kopfe des Bischofs, dieser aber wendete den Kopf und empfing den Schlag auf die Schulter, jedoch ward ihm davon auch das Knie erschüttert. Da noch ein anderer Mann aus der Entfernung einen Prügel nach ihm warf, so fiel der Bischof, welchen seine Begleiter der Oberst Paulitius und der Priester Hiltan in ihrer Mitte am Arme führten, von der Fußbrücke in den Koth; zwar halfen sie ihm wieder auf die Beine, allein er mußte doch die Stadt verlassen. Vor derselben verweilte er fünf Tage, die Vorsteher der Stadt entschuldigten sich und legten einigen Hitzköpfen aus dem Pöbel die Schuld bei, allein als sie wegen Annahme des Christenthums sich mit der Bürgerschaft berathschlagten, erlangten sie doch nichts weiter, als daß sie sich nach dem Verhalten der Stettiner richten wollten. Am 8. August 1124 reiste Otto weiter gen Stettin, allein die Vorsteher der Stadt verweigerten die Annahme des Christenthums, Otto verweilte ohne Erfolg zwei Monate daselbst und sandte dann Botschafter an den Herzog Boleslaus um Verhaltungsmaßregeln einzuholen, die Stettiner aber schickten selbst Gesandte mit, deren Forderungen auch bewilligt wurden. Während dieser Gesandtschaft ward nun aber öffentlich in Stettin gepredigt und namentlich wurden zwei vornehme Jünglinge, deren Mutter allerdings bereits eine heimliche Christin war, und dann noch viele andere junge und alte Leute getauft. Indeß kam der Vater jener beiden Jünglinge, eine Art Major Domus des Herzogs Wratislav, Domizlav, ein Mann von ungeheurer Stärke und dem höchsten Ansehen in Pommern, von seiner Reise zurück und da er unterwegs erfuhr, daß seine Frau, Kinder und Hausgenossen öffentlich sich zur christlichen Religion bekannt hätten, so gerieth er in den heftigsten Zorn, fiel den frommen Otto mit Drohungen, Schrecknissen und Schmähworten an und suchte ihn durch Beschimpfungen aus der Stadt zu verdrängen. Aber der Apostel der Pommern beugte sein Knie vor Gott und flehete mit Thränen, daß, wo die Sünde groß sei, die Gnade überschwenglich sein möge. Da ward Domizlav vor Furcht und Liebe zu Gott [417] erschüttert und gleichsam als hätte er eine Stimme vom Himmel gehört, die ihm zurief: »Domizlav, warum verfolgst Du mich? Längst hätte ich Dich vernichten sollen, aber Otto, mein Diener, hat für Dich gebeten!« warf er sich plötzlich aus einem Wolf in ein Lamm verwandelt vor Otto nieder, bat um Ablaß und Zulassung zur Buße und ließ sich nach erlangter Verzeihung, mit allen seinen Hausgenossen, deren Zahl an die 500 war, taufen. Seinem Beispiele folgte dann aber bald ein großer Theil der Bürger.

Unterdessen kam nun aber die von Otto an Boleslaus geschickte Gesandtschaft zurück und brachte von diesem zur Antwort, wenn die Pommern das Christenthum annähmen, so wolle er die Steuern und den Druck der Knechtschaft, den sie jetzt von seiner Seite erführen, ihnen erleichtern und ihnen für immer seinen Schutz zu Theil werden lassen. Darauf redete der Bischof Otto selbst zu ihnen und ermahnte sie, seinem Beispiele zu folgen, er bewaffnete nun sich und seine Begleiter mit Beilen und Hacken, schritt gegen den Tempel des Triglaf, der hier verehrt wurde, vor, zertrümmerte und schlug Alles auseinander, bestieg dann das Dach des Tempels und riß es nieder. Die Bürger standen als Zuschauer dabei um zu beobachten, ob sich die armen Götter wehren würden. Da sie aber nicht bemerkten, daß dem Verwüster ein Leid widerfuhr, so legten sie selbst Hand mit an, zerschlugen Alles in Stücke und schleppten das Holzwerk nach Hause, um es zum Backen und Kochen zu verbrauchen. Im Tempel aber befand sich ein großer Schatz an goldnen und silbernen Bechern, großen, vergoldeten, mit Edelsteinen besetzten Hörnern von wilden Ochsen, zu Trinkgeschirren verarbeitet, andern zum Blasen eingerichteten Hörnern, Dolchen, Messern und andern kostbaren zur Ehre der Götter bestimmten Geräthen, diese Reichthümer wollten die Stettiner dem Bischof Otto und den christlichen Priestern überlassen, allein derselbe nahm sie nicht an, sondern theilte sie unter sie, nachdem er sie mit Weihwasser besprengt und das Zeichen des Kreuzes über sie gemacht hatte. Blos von dem Standbilde des Triglaf, dessen hölzerner Rumpf gänzlich zertrümmert wurde, nahm er die drei zusammenhängenden Köpfe und sendete sie als eine Art Siegeszeichen über die heidnischen Götter an den Papst nach Rom. Außer diesem Tempel Triglafs, welcher zuerst zertrümmert wurde, gab es damals in Stettin noch drei Versammlungshäuser, welche von den Bekehrern gleichfalls zerstört wurden. Nach Abbrechung derselben wollte der Bischof auch eine große, belaubte Eiche, welche in der Nähe stand und unter welcher ein anmuthiger Quell befindlich war, umhauen lassen, weil das Volk den Baum für den Wohnsitz einer Gottheit ansah und ihm große Verehrung bezeigte, allein er ließ sich bewegen, es zu unterlassen, weil die Bürgerschaft versicherte, sie wollten den Baum nur des Schattens und seiner Anmuth halber retten, ohne daß man weiter Heil von dem Baume zu erwarten beabsichtige. Dafür aber drang er auf die Abschaffung des sogenannten Orakelpferdes. Dieses Pferd, von außerordentlicher Größe, fett, von schwarzer Farbe und voll Feuer stand gleichwohl das ganze Jahr müßig, denn Niemand durfte es reiten, weil der Sage nach Triglaf allein es ritt. Der Diener des Triglaftempels hatte auch die Aufsicht über das Pferd, welches für heilig galt und, wenn man gegen den Feind oder zu einem Streifzuge aufbrechen wollte, den Erfolg verkündete. Neun Speere, einer von dem andern eine Elle weit getrennt, wurden auf dem[418] Boden gestreckt, der Priester, dem die Pflege dieses Pferdes oblag, versah dasselbe mit Sattel und Zaum und führte es am Zügel quer über die liegenden Speere dreimal hin und wieder zurück. Ging es ohne anzustoßen und die Speere aus ihrer Lage zu rühren, darüber weg, so galt dies für ein Zeichen des Gelingens und die Mannschaft eilte ohne Bedenken zur Unternehmung; berührte es die Speere, so ward das Vorhaben aufgegeben. Ein ähnliches Pferd war übrigens auch zu Arkona. Otto ließ das Orakelpferd ins Ausland als Zugpferd verkaufen, weil es nach seiner Aeußerung besser vor einem Frachtwagen, als zur Wahrsagerei zu gebrauchen sei. Als nun die Stadt von allen Zeichen des Heidenthums gereinigt war, wurden überall Kreuze errichtet und der Gekreuzigte angebetet, und in der großen Stadt fand sich zuletzt nur ein einziger Mensch, der sich weigerte, das Christenthum anzunehmen. Dieser war jener Priester, der die Wartung des Orakelpferdes zu besorgen gehabt hatte. Derselbe benahm sich gegen den Bischof Otto sehr unschicklich und ob ihn gleich dieser selbst dringend anging, den christlichen Glauben anzunehmen, that er es doch nicht, allein dafür ward er in der darauf folgenden Nacht von der göttlichen Rache getroffen, sein Leib schwoll schmerzlich auf und platzte.

Bischof Otto ging nun nach Cherg und Lubinum (jetzt Lebbahn, ein Vorwerk) und führte daselbst das Christenthum ein, von da aber wieder nach Julin, wo er diesmal mit den größten Ehrenbezeugungen aufgenommen ward und die Einwohner ohne die allermindeste Schwierigkeit bekehrte. Blos die bisherigen Priester der Götzen widerstanden seinen Lehren, allein sie hatten keine Macht mehr gegen ihn, da das gesammte Volk ihm zuströmte, sie mußten sich also damit begnügen, ihn mit Verleumdungen und Schmähreden anzugreifen, überall Haß und Feindschaft gegen ihn zu erregen und Verwünschungen gegen ihn auszustoßen. Als aber von ihm hier die Bilder und Tempel der Götzen zerstört wurden, wußten sie das goldne Bild des vorzugsweise bei ihnen verehrten Gottes Triglaf zu stehlen, führten es aus dem Gebiete der Stadt und übergaben es einer Wittwe zur Verwahrung, die auf einem Landgute lebte, und bei welcher Niemand, wie sie hofften, es aufsuchen würde. Diese Frau, durch Geld bestochen, das Götzenbild wie ihren Augapfel zu verschließen, zog um das Bild Triglafs einen Mantel und steckte es in den ausgehöhlten Stamm eines sehr starken Baumes, so daß es Keiner sehen, geschweige denn berühren konnte. Blos ein kleines Loch, durch welches das Opfer hineingebracht wurde, ward in dem Stamm offen gelassen. Keiner besuchte aber das Haus, als nur, um die heidnischen Opfergebräuche zu verrichten. Als nun der Bischof solches erfuhr, suchte er auf alle Weise das Bild zu erlangen, weil er fürchtete, die gemeinen, im Christenglauben noch nicht befestigten Leute würden, wie sich dies auch wirklich begab, dadurch zum Abfall gereizt werden. Da er aber voraussah, daß, wenn er selbst eine Reise dahin unternehme, die Priester davon hören und das Bild Triglafs in noch entferntere Gegenden schaffen würden, so schickte er einen seiner Begleiter, einen gewissen Hermann, einen gewandten Mann, der übrigens etwas slavisch verstand, heimlich zu der Wittwe ab. Er trug ihm auf, daß er sich wie ein Pommer kleiden und vorgeben solle, daß er dem Triglaf ein Opfer zu bringen wünsche. Dieser Mann kaufte sich einen Pommerschen Hut und Mantel und kam, nachdem er auf dem beschwerlichen [419] Wege viele Gefahren bestanden hatte, zu der Wittwe, welcher er versicherte, daß er neulich aus einem Sturme auf der See durch die Anrufung seines Gottes Triglaf gerettet worden sei, deshalb für seine Erhaltung ihm das schuldige Opfer zu bringen komme. »Wenn Du«, entgegnete sie, »von ihm gesandt bist, siehe, so ist hier das Zimmer, wo unser Gott in der hohlen Eiche verschlossen gehalten wird. Eigentlich sehen und berühren kannst Du ihn nicht, aber wenn Du von ferne vor dem Stamme niederfällst, so gieb auf die kleine Oeffnung Acht, durch welche Du das Opfer, welches Du geben willst, hineinbringen kannst. Hast Du dies hineingelegt, so schließe ehrerbietig die Thüre zu und gehe hinaus. Wenn Dir aber das Leben lieb ist, so hüte Dich, Jemandem von meiner Rede etwas zu offenbaren.« Der Mensch ging nun hurtig in das Zimmer hinein und warf einen Silberling in das Loch, um durch den Klang des Metalls glauben zu machen, daß er geopfert habe. Aber er zog das Stück Geld, welches er hineingeworfen hatte, sogleich zurück und brachte statt Ehre Beschimpfung, nämlich einen ungeheuren Speichelauswurf Triglaf zum Opfer dar. Er untersuchte nun genauer, ob er das ihm aufgetragene Geschäft ausführen könne, bemerkte aber, daß das Bild Triglafs mit so großer Vorsicht und Festigkeit eingepaßt sei, daß es auf keine Weise geraubt oder nur aus seiner Stellung gerückt werden könne. In dieser Verlegenheit warf er seine Blicke umher und sah den Sattel Triglafs an der Wand befestigt. Derselbe war von hohem Alterthum und fast gar nicht mehr brauchbar. Hermann sprang voll Freude auf, zog den Sattel herab und verbarg ihn, ging bei anbrechender Nacht heraus, eilte zu seinem Herrn, erzählte, was er gethan habe, und legte ihm zum Beweise seiner Glaubwürdigkeit den Sattel Triglafs vor. Otto beschloß aber gleichwohl von weitern Nachforschungen nach dem Bilde abzusehen, um nicht in Verdacht zu gerathen, daß er weniger aus Eifer für die gute Sache, als aus Begierde nach Gold darnach trachte. Er nahm aber den Vornehmen und Aeltesten der Stadt Julin einen Eid ab, daß man der Verehrung Triglafs völlig entsagen, das Bild zertrümmern und das ganze Gold zum Loskauf der Gefangenen verwenden wolle.

Nachdem nun Bischof Otto noch die Einwohner von Clodona, des jetzigen Gollnow, so wie die einer verwüsteten Stadt, unter der man sich wahrscheinlich Naugard zu denken hat, getauft hatte, führte er auch in Colberg und Belgard das Christenthum ein, begab sich aber, als er alle eingerichteten Gemeinden bereist und die indessen fertig gewordenen Kirchen geweiht hatte, endlich durch Böhmen nach Bamberg zurück, wo er am 18. März 1125 wieder eintraf. Indeß hatte er nur das Land zwischen der Oder und Persante bekehrt, das linke Ufer der Oder war heidnisch geblieben, und so kam es, daß der Anblick der den alten Götzen noch dienenden Landsleute auch die schon bekehrten Pommern wieder vom Christenthum abwendig zu machen anfing, denn zwölf Kirchen und zwölf bis zwanzig von ihm in dem bekehrten Theile Pommerns zurückgelassene Geistliche reichten nicht hin, die neue Religion zu befestigen und wahrhaft christlichen Geist zu verbreiten. Es war also nöthig, daß Otto zum zweiten Male nach Pommern ging, um sein so schön begonnenes Werk zu Ende zu führen, allein die politischen Wirren in Deutschland seit der Erhebung Herzogs Lothar von Sachsen zum deutschen König hinderten ihn, eher als im Jahre 1128 seine[420] zweite Reise nach Pommern anzutreten, wo namentlich die Städte Julin und Stettin rückfällig zur Abgötterei geworden waren. Er ging über Merseburg und Halle nach Magdeburg, wo er sich mit dem h. Norbert unterredete, von da aber nach Havelberg und nahm dann von hier seinen Weg zum Muritzsee und nach Demmin. Von da ging er nach Usedom, wo auf dem daselbst den 14. Mai 1128 gehaltenen Landtage das Christenthum einstimmig von den Ständen angenommen ward. Indessen war doch eine Parthei in dem diesseitigen Lande, besonders in der Stadt Wolgast mit diesem Beschlusse der Stände nicht zufrieden. Er nahm sich also vor, selbst dorthin zu gehen und auch hier die ihm abgeneigten Gemüther für sich zu gewinnen. Da ging des Nachts der dortige heidnische Tempelwärter in den nahen, damals Zitz genannten Wald, stellte sich, mit seiner weißen Priesterkleidung umgeben, an einem erhöhetem Orte zwischen das Gebüsch und rief am Morgen, als ein Bauer vom Lande zu Markte ging: »Halt, guter Mann!« Wiewohl das Tageslicht erst aufdämmerte, so sah dieser doch die weiße Gestalt und fing an zu beben. »Bleib stehen«, fuhr der Priester fort, »und vernimm, was ich sage. Ich bin Dein Gott, ich bin der, welcher die Wiesen mit Gras und die Wälder mit Laub bekleidet; in meiner Macht stehen die Früchte der Aecker, und die Bäume und der Segen des Viehes und alles, was den Menschen Nutzen bringt. Sage daher den Bewohnern der Stadt Wolgast, daß sie den fremden Gott, der ihnen nichts nützen kann, verwerfen, und ermahne sie, daß sie diejenigen Männer von andrer Religion, deren Ankunft ich voraus verkündige, nicht am Leben lassen.« Nach abgegebenem Auftrage zog sich der sichtbare Geist in das Dickicht zurück und der erstaunte Bauer, welcher vor Schrecken zu Boden gesunken war, richtete sich auf und verkündete der Stadt die Erscheinung, das Volk aber, welches sich bei der Erzählung der Wundergeschichte um ihn her immer wieder aufs Neue versammelte, glaubte ihm. Endlich trat auch der Priester, der scheinbar von diesem Vorfalle nichts wußte, hervor und redete dem Bauer ins Gewissen, er solle nur die Wahrheit aussagen und das Volk nicht etwa mit Erdichtungen beunruhigen. Dieser aber hob die Hände in seiner Unschuld zum Himmel empor und machte sich anheischig, eidlich die Wahrheit seiner Erzählung und die Stelle der Erscheinung nachzuweisen. In Folge dessen beschlossen sie nun, wenn Otto oder einer seiner Gefährten in die Stadt Wolgast käme, sollten sie das Leben verwirkt haben und wenn Jemand die Ankommenden in sein Haus aufnähme, solle er dieselbe Strafe leiden. Nun schickte aber Otto wirklich als Vorläufer seiner Ankunft zwei Geistliche, Dedalrich und Albuin nach Wolgast, dieselben kehrten in dem Hause des Stadtbefehlshabers, der zufällig in Usedom abwesend war, ein und wurden von dessen Gattin, einer Heidin, sehr gut aufgenommen. Allein als sie erfuhr, wer sie seien, gerieth sie in große Angst und sagte ihnen, daß sowohl ihnen als ihr selbst der Tod bevorstehe, wenn es ruchbar werde, daß sie sie bei sich aufgenommen habe. Gleichwohl aber versteckte sie sie aus Mitleid in einem obern Tafelzimmer des Hauses. Dann ließ sie die Pferde, Wagen und das Reisegeräthe der beiden Fremden durch ihre Leute aus der Stadt schaffen, und als eine Rotte Volkes in ihr Haus drang und die Herausgabe der Fremden forderte, erklärte sie, sie habe jene zwar unwissentlich einen Tag beherbergt, allein sofort fortgetrieben, als sie erfahren, wer sie seien. So blieben sie, da sich das Volk mit dieser [421] Ausflucht beruhigte, drei Tage eingesperrt, bis Otto und der Herzog mit einer großen Menge Kriegsleute in die Stadt kamen, wo sie dann nichts mehr zu fürchten hatten. Nun faßten aber die mit dem Bischof angelangten Geistlichen neuen Muth, zogen in der Stadt herum, um die Götzentempel auszuforschen und deren Sturz vorzubereiten. Allein überall, wo sie sich sehen ließen, stellte sich ihnen das Volk in den Weg und drohte ihnen mit Waffen, so daß Alle umkehrten mit Ausnahme des Geistlichen Theodorich, der bereits bis an die Thüre des Tempels gekommen war und nicht mehr zurück konnte. Als derselbe nun von den Heiden bis in das Heiligthum hinein verfolgt ward, so suchte er in der Angst in dem Tempel nach einer Waffe oder Schlupfwinkel, wo er sich vertheidigen könne. Es hing aber daselbst an der Wand ein dem Kriegsgotte Herovit geweihtes Schild von außerordentlicher Größe, sehr kunstreich gearbeitet und mit Goldblech überzogen. Dieses Schild durfte von keinem Sterblichen außer zur Kriegszeit berührt werden, wo man es von seinem Platze herunternahm und dem Heere vortrug. Der Geistliche ergriff nun in der Angst dieses Schild, warf den Hangriemen um den Hals, steckte die linke Hand in die ledernen Handhaben und sprang so gedeckt mitten unter das Getümmel der aufgebrachten Rotte. Die rohen Leute nahmen beim Anblicke dieser seltsamen Rüstung theils die Flucht, theils stürzten sie wie todt zur Erde, Theodorich aber kehrte mit beflügelten Schritten keuchend und blaß zurück; allein schließlich überzeugten sich die Einwohner von Wolgast dennoch, daß es mit allen ihren Göttern doch eigentlich nichts sei und so konnte denn der Bischof Otto auch bei ihnen bald eine Kapelle und einen Altar einweihen und einen seiner Begleiter, Namens Johannes, dort zum Priester einsetzen. Otto begab sich nun von Wolgast nach Gützkow, einer reichen Stadt, welche aber alles that, um ihren herrlichen Tempel vor der Zerstörung zu bewahren; allein auf sein Zureden rissen sie dieses kostbare Gebäude, dessen Bau ihnen gerade 3000 Talente gekostet hatte, selbst nieder und ließen es geschehen, daß die großen Standbilder, welche mit wunderbarer Kunst geschnitzt waren und mit vielen Paaren von Ochsen kaum von der Stelle gerückt werden konnten, jetzt, nachdem ihnen Hände und Füße abgehauen, die Augen ausgestochen und die Nasen verstümmelt waren, über eine gewisse Brücke geschleift wurden, um dann verbrannt zu werden. Als dies geschah, brach plötzlich ein Schwarm von Fliegen von so ungewöhnlicher Größe, wie niemals zuvor im Lande gesehen worden, aus dem Tempel mit solchem Ungestüm hervor und bedeckte den ganzen Umkreis der Stadt so dicht gedrängt, daß schwarze Finsterniß das Tageslicht verdrängte. Sie jagten den Zuschauern dadurch kein geringes Entsetzen ein, daß sie mit wilder Frechheit die Augen und Lippen der Leute anfielen. Aber wiewohl diese heftig mit den Händen drein schlugen und sie wegzutreiben suchten, so drangen die Fliegen doch lange Zeit auf sie ein, bis die Gläubigen das Lob Gottes zu singen begannen und die Kreuzesfahne herumtrugen. Da flog der verhaßte Wunderschwarm aus den offenen Thoren und eilte mit größter Schnelligkeit in das Land der heidnischen Rugier. Bischof Otto weihete nun die Anlage einer christlichen Kirche ein, bei welcher Gelegenheit Mizlav, der Herr von Gützkow, sich bewegen ließ, alle Gefangenen, selbst einen Dänischen Prinzen, für welchen er viel Lösegeld zu bekommen hoffte, auf freien Fuß zu setzen.

[422] Mittlerweile hatten aber die christlich gewordenen Freiherrn und Städte in Pommern geglaubt, durch die Annahme des Christenthums in die Rechte eines freien Volkes eingesetzt worden zu sein, hatten ihre Steuern an Boleslaus von Polen nicht mehr bezahlt und so kam es, daß dieser im Jahre 1128 mit einem Heere an die Pommersche Grenze rückte, um sie eines Bessern zu belehren. Da bekamen aber die Pommern Furcht und baten den Bischof, sich mit einem Ausschusse ihrer Stände in das Polnische Lager zu begeben und den Herzog zu begütigen. Dies gelang ihm auch. Boleslaus bestätigte den Frieden und zog sich zurück. Inzwischen hatte Otto erfahren, daß die heidnischen Rugier aus Zorn, daß durch seine Bemühungen die Pommern zum Christenthum bekehrt worden waren, gedroht, ihn mit dem Tode zu bestrafen, wenn er sich einfallen lassen werde, auf ihre Insel zu kommen. Aber gerade diese Nachricht erregte in ihm die Begierde nach Rügen zu ziehen und sich dort die Krone des Martyrthums zu erwerben. Allein seine Gefährten ließen es nicht zu und stellten ihm vor, daß sein längeres Leben ihnen allen zu nützlich und ganz unentbehrlich sei und so gestattete er es denn, daß an seiner Statt einer seiner thätigsten Gehilfen, Udalrich genannt, dorthin ziehe. Dieser bestieg also ein Schiff und fuhr unter den heißen Segenswünschen seiner bisherigen Gefährten ab. Allein nur drei Stunden blieb der Wind günstig, dann ward das Schiff von Stürmen hier und dahin geworfen und endlich ans Ufer zurückgetrieben. Udalrich, obwohl vom Regen durchnäßt und ganz erschöpft, war gleichwohl von seinem Vorhaben nicht abzubringen, stieg nicht einmal vom Schiffe, leerte es vom Wasser und ging, sobald sich der Sturm gelegt hatte, wieder in See. Er ward aber zum zweiten Male zurückgeworfen. Er versuchte die Reise zum dritten Male, allein nur durch ein Wunder entging er dem Untergange bei einem Sturme, der sieben Tage wüthete. Da endlich erkannte er, daß die Rugier der evangelischen Gnade unwürdig wären und stand von seinem Unternehmen ab. Nun beschloß er nach Stettin zu reisen, wo ein großer Theil der Einwohner sich wieder dem Götzenthume zugewendet hatte. So hatten sie die im Jahre 1125 bei ihnen erbaute Kirche zu St. Adalbert abzubrechen begonnen, die heidnischen Priester, welche nur zum Schein Christen geworden waren, warfen schon mit Hilfe ihrer Anhänger die Klingel und die Glocken, welche vor dem Eingange derselben aufgehangen waren, herab und fingen schon an, die Kirche selbst zu zerstören, da ward plötzlich einer von ihnen, welcher mit einer Maurerhacke den Altar anfiel, von plötzlicher Schwäche ergriffen, ließ die Hacke aus der Hand fallen und stürzte selbst besinnungslos zu Boden. Als er wieder zu sich kam, sagte er zu dem umstehenden Volke: »Vergeblich, Bürger, strengen wir unsere Kräfte an, der Christen Gott ist zu stark, er kann durch unsere Hände nicht vertrieben werden, aber auch unsere alten Götter wollen wir nicht fahren lassen, darum laßt uns neben dem Altare des christlichen Gottes auch diesen einen Altar erbauen, damit wir durch gleiche Verehrung jenen und diese gleich gnädig gegen uns ma chen!« So thaten sie auch und dienten neben Christo auch den Götzen. Ein einziger Mann, ein gewisser Witsak, eiferte in Stettin mit aller Kraft gegen die Greuel des wieder auflebenden Heidenthums. Derselbe war nämlich in die Hände der heidnischen Rugier gefallen, dort mit Ketten belastet ins Gefängniß geworfen worden, nachdem er im Traum aber den Bischof Otto gesehen, [423] durch die Kraft dieses Heiligen nicht blos seiner Ketten entledigt worden, sondern es hatte sich ihm auch die Thüre seines Kerkers geöffnet, er hatte am Ufer ein Boot schwimmen sehen, sich hineingeworfen und war mit den Händen rudernd wieder an die vaterländische Küste gelangt, hatte dann zum ewigen Gedächtniß das Boot an der Stadtmauer aufhängen lassen und indem er seinen Mitbürgern seine wunderbare Errettung erzählte, hatte er dieselben mit der schwersten Züchtigung bedroht, wo sie nicht von ihrem Unglauben abließen, allein er hatte doch nicht das Volk dahin bringen können, die Gebräuche des Heidenthums aufzugeben. Als nun Bischof Otto anlangte, zog er ihm mit den treu gebliebenen Christen entgegen und führte ihn zu einer auf dem Markte errichteten Rednerbühne, damit er zum Volke sprechen könne. Als derselbe aber zu reden anfing, drängte sich ein großer, fetter heidnischer Priester heran, schlug zweimal mit einem großen Knittel an die Tragsäule derselben und suchte den Bischof zu überschreien, forderte auch das Volk auf, den Bischof zu verjagen, die Wildesten unter demselben erhoben und schüttelten auch ihre Lanzen, allein sie blieben plötzlich unbeweglich wie Bildsäulen stehen und erst auf das Gebot Otto's erhielten sie den Gebrauch ihrer Glieder wieder. Dieses Wunder überzeugte endlich das Volk und so konnte Otto ohne Gefahr den in der Kirche zu St. Adalbert errichteten heidnischen Altar zertrümmern und hinauswerfen. Am folgenden Tage ward nun in einer großen Rathsversammlung die völlige Abschaffung des Heidenthums beschlossen, Tags darauf hielt Otto eine zweite Rede an das Volk, versöhnte es wieder mit der Kirche und taufte diejenigen, welche noch nicht getauft waren. Er zerstörte dann die noch übrigen Tempel und sonstigen Heiligthümer des Heidenthums, wäre aber dabei bald ums Leben gekommen, denn als er einen Nußbaum von außerordentlicher Schönheit, der einem Götzen gewidmet war, trotz der Bitten der Umwohner, welche sich oft unter seinem Schatten wohl befunden hatten, umhauen lassen wollte, schleuderte plötzlich der eigentliche Besitzer des Ackers, auf dem der Nußbaum stand, nachdem er sich im Rücken des Bischofs herangeschlichen hatte, eine Streitaxt nach demselben, allein Otto bückte sich, und die Axt fuhr so tief in die Brücke, neben welcher er stand, hinein, daß sie nicht einmal an dem Bande, woran sie getragen wurde, zurückgezogen werden konnte. Die Anwesenden liefen herzu, ergriffen den Hitzkopf und würden ihn mit derselben Streitaxt erschlagen haben, hätte es Bischof Otto nicht verhindert.

Nachdem Otto nun noch die Stadt Stettin mit ihrem Herzog wieder ausgesöhnt hatte, bestieg er ein Schiff und fuhr nach Julin. Unterwegs aber hatte jener heidnische Priester, der ihn damals bei seiner Rede unterbrochen hatte, an einer engen Stelle des Fahrwassers eine Schaar Mordgesellen in einen Hinterhalt gelegt, welche in das Schiff sprangen, über die Reisenden herfielen und den Bischof zu ermorden suchten, allein sie wurden von den Matrosen überwältigt und wieder zum Schiffe hinausgetrieben. Jener Priester aber, welcher den Ueberfall veranstaltet hatte und zu derselben Stunde bei seinen Freunden in Stettin saß, ward in derselben Minute vom Schlage getroffen, sein Kopf ward auf den Rücken gedreht und unter fürchterlichen Zuckungen hauchte er sein Leben aus, während ein entsetzlicher Gestank seinem weit geöffneten Munde entströmte. Nun war aber die Stadt Julin das Jahr vorher durch Feuer, welches vom Himmel gefallen war, an demselben Tage, wo sich die Bürger versammelt hatten, um einige bisher [424] verborgen gehaltene Götzenbilder wieder aufzustellen und anzubeten, verzehrt worden. Auch die hölzerne Kirche zu St. Adalbert war mit abgebrannt, blos der Theil, wo der Altar sich befand, war, ob er gleich mit Rohr bedeckt und Leinwand darunter, um die Würmer abzuhalten, ausgespannt gewesen war, vom Feuer verschont worden. Als nun der Bischof anlangte, so bedurfte es nach einem solchen Wunder keines großen Zuredens von Seiten desselben, sie mit der Kirche auszusöhnen. Indeß verrichtete er verschiedene Wunder, heilte unter andern einen Mondsüchtigen, sowie einen wahnsinnigen Edelmann, und als endlich eine blind gewordene Frau zu ihm kam und ihn bat, auch sie zu heilen, hieß er sie zur Kirche des heil. Adalbert gehen und so lange zu läuten und den Heiligen anzuflehen, ihr ihr Gesicht wiederzugeben, bis ihre Bitte erfüllt sei, und also geschah es auch. Da nun aber die Pommern sich sehr schwer an die Beobachtung der christlichen Sonn- und Festtage gewöhnen wollten, weil sie ihre Feldarbeiten deshalb einstellen mußten, so trug es sich zu, daß, als am 10. August, dem Tage des h. Laurentius, der Gefährte Otto's, der Priester Bocetis hinaus auf das Land gekommen war und die Landleute ihr Korn schneiden sah, und sie vergeblich aufgefordert hatte, die Arbeit an diesem Festtage zu unterlassen, auf einmal Feuer vom Himmel fiel, welches nicht blos die noch stehende Saat, sondern auch die bereits geschnittene Ernte ergriff und solche Glut verbreitete, daß die Bauern vom Felde flüchten mußten. Derselbe Priester sah am 15. August, dem Tage der Himmelfahrt Mariä, an einem Montage einen Bauer mit seiner Frau ernten. Er hieß sie aufhören, weil dieser Tag als der Tag der Himmelfahrt der Gottgebärerin heilig sei, der Bauer aber sprach: »Gestern durften wir wegen des Sonntags nicht arbeiten, heute wird uns abermals befohlen, nichts zu thun, was ist das für eine Lehre, welche den Menschen gebietet, von nothwendigen und an sich nützlichen Beschäftigungen abzustehen?« Da er aber fortfuhr mit raschen Schnitten das Getreide abzusicheln, stürzte er plötzlich todt in die Furche, die Sichel in der Rechten, die abgeschnittene Saat in der Linken noch festhaltend. Seine Frau blieb zwar am Leben, folgte aber dem entseelten Körper ihres Mannes zur Kirche und konnte Sichel und Garbe nicht eher aus seinen Händen ziehen, als bis solches vor der Gemeinde und der Geistlichkeit als ein Beweis der unerlaubten Arbeit anerkannt war.

Obwohl nun Bischof Otto abermals auf seinen alten Plan zurückkam, die Rugier zu bekehren, ließ er sich doch von den Stettinern schließlich davon abbringen. Er kehrte endlich durch Polen und Sachsen wieder nach Bamberg in sein Bisthum zurück, wo er den 20. Dezember 1128 anlangte, aber so lange er lebte in Verbindung mit Pommern blieb, bis er im 70. Jahre seines Alters, den 30. Juni 1139, starb. Er ward im Jahre 1189 vom Papst Clemens III. unter die Heiligen versetzt und sein Grab, auf dem er im bischöflichen Ornate in Stein gehauen ist, gilt noch jetzt als ein Heilsort für alle, welche an Gicht, Rheumatismus und ähnlichen Uebeln leiden.

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