695. An Otto Nöldeke
695. An Otto Nöldeke
Wiedensahl 18. Juni 87.
Lieber Otto!
Ich laße heute 140 Mk. per Postanweisung an dich abgehn, deren Empfang du mir wohl bestätigst.
In Hattorf fand ich das Pfarrhaus mit Umgebung so gemüthlich, wie ich's noch nirgends gesehn. Das junge Ehepaar schien äußerst zufrieden, und auch Dortchen meinte: es wäre ihr so vorgekommen, als sei sie schon längst dort gewesen. – Bachmann holte mich am Donnerstag vor acht Tagen dort ab. Bis Montag blieb ich dann in Ebergötzen, sah Adolf und Vetter Distel noch eine halbe Stunde auf dem Göttinger Bahnhofe und kam am selben Abend zu Fuß hier wieder an.
[286] Mutter hat sich denn auch schließlich zum Reisen entschloßen. Gestern Morgen fuhr sie erst mal nach Bückeburg; heut Nachmittag wird sie Adolf in Northeim erwarten; so um halb Vier herum wären sie dann also in Hattorf. – Das Wetter ist sonnig, aber bei Ostwind nicht gar zu heiß.
Um uns herum wächst alles immer mehr zu. Auch die geköpfte Hainbuchenlaube schmückt ihr Haupt wieder mit neuen Zweigen; die erste Rose ist aufgeblüht, und Sudmeiers kriegen endlich ihren neuen Wagenschuppen zurecht.
Mit herzlichem Gruß, auch von Else,
dein getr. Onkel Wilhelm.
Dein Brief an Mutter, der eben kam, und nach Hattorf nachgeschickt ist, mit dem Zeugniß vermuthlich, braucht erst erledigt zu werden, wenn Mutter wieder zurück ist. Doch kann sie, wenn sie will, dies auch von Hattorf aus thun.