874. An Hermann Nöldeke

874. An Hermann Nöldeke


Wiedensahl Sonntag. [Ende Juni 1892]


Lieber Hermann!

Ich möchte mal anfragen, wie es bei Euch im Garten aussieht seit Donnerstag. Also am Mitwoch war ich auf dem Rückwege von Spißingshohl gründlich durchweicht. Am andern Morgen marschierten unsere Schützenbrüder in plasterndem Regen vorbei. Gegen Abend erhob sich der Sturm. Fräulein K., als sie spät vom Festplatz zurück kehrte, sagte, das Zeltdach sei ängstlich gelupft worden. Aber am bedenklichsten hat er im Garten gewirtschaftet. Die Stangenbohnen, die sehr schön standen, wurden abgewickelt; an Frau Nickels ihren Krupbohnen die Blätter zerrißen; Erbsen und Kohlrabi schief gelegt; und am meisten fast hat's mich, so zu sagen, geschmerzt, daß die besten, über und über mit angehenden Früchten besetzten, amerikanischen Brombeeren in der Mitte rutsch abgeknickt sind. Von den Zwetschen sind allerding[s] große Mengen abgeschüttelt, aber es sind doch noch genug sitzen geblieben. Der Roggen hat sich standhaft gezeigt.

In Schwerin, schreibt Mutter, hat's auch gesaust. Sie bedauerte Adolf, von dem sie annahm, daß er schon am Donnerstag Abend bei dem schlechten Wetter habe von Lockstedt abmarschiren müßen. Mir schrieb er aber vom Donnerstag Mittag, erst Freitag in der Früh um 5 sollt es los gehn.

In Hamburg, Braunschweig, Berlin, so les' ich, hat der Pustewind auch gewüthet; vieleicht hat er Euch rechts liegen laßen. Gieb mir, bitte, mal Nachricht darüber.

Mit den herzlichsten Grüßen, lieber Hermann, an Euch Alle

dein getreuer Onkel

Wilhelm.

Auch Frl. K. läßt grüßen.

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