279. An Maria Anderson

279. An Maria Anderson


Wolfenbüttel 19 Mai 75.


Das ist nun nicht so, daß Sie immer alles Gute für sich alleine haben! Bei uns ist jetzt auch der volle und wahrhaftige Frühling gekommen. Da sitzen wir des Abends im Gärtchen unter dem alten Birnenbaum; der säuselt dann so leise vor sich hin und läßt seine Blüthen herunter sinken, und manchmal fällt mir eine in den Wein hinein. Ganz fern im Stadtgraben da quacksen die Frösche; von den Linden herüber, die auf dem Walle stehn, quinquiliren und seufzen die Nachtigallen. Nach alledem, wie duselt man so gut und gottergeben in sein Bett hinein. Ganz dicht dabei, in der Wand, pickt immer eine Todtenuhr. – Was thut's?! – Haben wir nicht, gott sei's geklagt, noch siebenmillionendreimalhundertachtundneunzigtausendsechshundertundzweiundzwanzigdreiviertel Jahre ganz unverbraucht vor unsrer Nase liegen? Wird man aus einem Leben herausgeklopft, huscht man in's andre wieder 'nein. – Lieb's Madamchen! Kritteln Sie sich nur ja nicht um den Thee! Ich werd' ihn schon kriegen; und krieg ich ihn auch nicht, so sollen Sie doch die Illerallerbeste sein.

Ihr W. Busch.

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