1156. An Nanda Keßler

1156. An Nanda Keßler


Wiedensahl 29. Sept. 1897.


Meine liebe Nanda!

Ich danke dir für deinen freundlichen Brief.

Wie angenehm für dich, daß man dir sofort nach deiner Heimkehr ein großes kriegerisches Schauspiel gab, bei dem du zugleich den seligen Anblick hochstehender Persönlichkeiten ergebenst genießen durftest. Am besten ist's aber doch, daß dich der Aufenthalt im Auslande so frisch und munter gemacht hat. Und natürlich, wem was bekam, der versucht's bald gern von neuem, um zu probieren, ob's nicht wieder so geht, oder womöglich noch beßer. Der Drang deiner Seele, so zu sagen, ist international; es winkt Paris; dein Deutsch ist dir schon merklich voraus geeilt, und weil du denn mal so bist und bleibst, so wollen wir dir, in allen Ehren, einen bekömmlichen Erfolg wünschen. Deinen Kindern, der Nelly sowohl wie dem Hudi, scheint es ja ebenfalls gut zu gehn.

Bei uns hier ist auch militärischer Lärm gewesen; ein Biwack dicht hinter dem Garten. Selbstredend bin ich ihm ausgewichen. War in Hunteburg derweil; besah Martin den kleinen und Ruth die kleinere. Letztere war in der That "nüdlich", wie sie dalag im Wägelchen, draußen unter der Linde, allein, stundenlang. Sie spielte mit den Händchen, kräkelte behaglich, und wenn der Herr Großonkel sie ansprach, lächelte sie. – Neulich ist auch beim Neffen in Norden eine kleine Margaret erschienen. So gelangt man zu Ehren und weiß nicht wie. Aber nur Geduld, liebe Nanda! Auch Dir wird man hoffentlich im Laufe des nächsten Jahres zu einer gleichen Würde gratulieren können.

Leb wohl! Tausend Grüße von deinem alten

Onkel Wilhelm.

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