1566. An Johanna Keßler

1566. An Johanna Keßler


Mechtshausen 17. Dec. 1906.


Liebste Tante!

Ihr Brief hat mich traurig gemacht. Auf keinen Fall möcht ich die Manuscripte des "Antonius", der "Helene" und der "Bilder zur Jobsiade", die ich Ihnen einstmals so sehr gerne geschenkt habe, wieder zurück nehmen. – Fritz Kaulbach meinte, sie müßten reproduziert werden. Das geht aber nicht, eh ich dreißig Jahre im Grabe gelegen. Das ist lange Zeit, selbst wenn ich voraussichtlich bald sterbe, und aus dem Privatbesitz zerstreuen sich solche Kunstdinge, wer weiß wohin? – Wünschen Sie nun, daß sie dauernd beisammen bleiben, so bitt ich, geben Sie die Sachen an das Städelsche Institut. Dort sind sie gut aufgehoben – bis die Herren Anarchisten mal alles verbrennen.

Wie geht's denn bei Ihnen? Wir hier sitzen im hohen Schnee. Täglich spatzier ich drin herum und füttre die Amseln mit Korinthen.

Leben Sie wohl, liebste Tante. Herzliche Grüße an Sie und Letty und all die Andern von Ihrem getreuen

Onkel Wilhelm.

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