Neuntens
Letzte Versuchung
Der heilige Antonius von Padua
Saß oftmals ganz alleinig da
Und las bei seinem Heilgenschein
Meistens bis tief in die Nacht hinein. –
[121]
Einst, als er wieder so sitzt und liest –
– Auf einmal, so räuspert sich was und niest;
Und wie er sich umschaut, der fromme Mann,
Schaut ihn ein hübsches Mädchen an. – –
– Der heilige Antonius von Padua
War aber ganz ruhig, als dies geschah.
Er sprach: »Schau du nur immer zu,
Du störst mich nicht in meiner christlichen Ruh!«
[122]
Als er nun wieder so ruhig saß
Und weiter in seinem Buche las –
Husch, husch! – so spürt er auf der Glatzen
Und hinterm Ohr ein Kribbelkratzen,
Daß ihm dabei ganz sonderbar,
Bald warm, bald kalt zumute war. –
Der heilige Antonius von Padua
War aber ganz ruhig, als dies geschah.
Er sprach: »So krabble du nur zu,
Du störst mich nicht in meiner christlichen Ruh!«
[123]
»Na! – – Na!« – –
[124]
»Na, na! – sag' ich!!!« –
[125]
»Hm! hm! – – hm! hm!!!«
[126]
Auf einmal aber – er wußte nicht wie –
Setzt sich das Mädel ihm gar aufs Knie
Und gibt dem heiligen Antonius
Links und rechts einen herzhaften Kuß.
[127]
Der heilige Antonius von Padua
War aber nicht ruhig, als dies geschah.
Er sprang empor, von Zorn entbrannt;
Er nahm das Kreuz in seine Hand:
[128]
»Laß ab von mir, unsaubrer Geist!
Sei, wie du bist, wer du auch seist!!«
[129]
Puh!! – da sauste mit großem Rumor
Der Satanas durchs Ofenrohr.
[130]
Der heilige Antonius, ruhig und heiter,
Las aber in seinem Buche weiter! –
Oh, heil'ger Antonius von Padua,
Du kennst uns ja!
So laß uns denn auf dieser Erden
Auch solche fromme Heilge werden!