640. An Hermann Levi
640. An Hermann Levi
Wiedensahl 6. Jan. 86.
Sei bedankt, lieber Levi, für dein freundliches Gedenken in der Sylvesternacht. Ich fand deinen Brief, als ich vorgestern von Wolfenbüttel zurückkehrte, und wünsche dir von ganzem Herzen all die guten Dinge, die Dir in den Kram paßen, und noch eins mehr.
– Wem ein Floh in's Ohr gesetzt wird, der muß stochern. – Wohl all die Leutchen, welche eine bedenkliche Leichtigkeit in sich verspüren, haben die verzeihliche Neigung, durch allerlei kleine Handgriffe ihre Wagschale den Andern gegenüber in ein wohlthuendes Gleichgewicht zu bringen. Es giebt auch Leute, und dazu gehört dein genannter Berichterstatter, die als Lügenwebermeister ein so altes, festbegründetes Geschäft besitzen, daß es nicht zu ruiniren ist. Im Grund genommen, haben diese Verdünnerungen etwas Schmeichelhaftes an sich. Vielleicht ist das Portrett, was du dagegen von mir aufgerißen, auch viel zu glatt, und falls ich's selber mit mir selbst vergleichen könnt, müßt ich unbedingt hie und da eine tiefe Falte hineincorrigiren. Jedenfalls freu ich mich und bin dir dankbar, wenn du mir so gut bist, wie ich dir. Im Übrigen laß uns gutes Muths die Herren Bekannten also verbrauchen, wie sie sind.
Im Herbste denn, im nächsten, hoff ich dich wiederzusehn, sei's nun in Bayreuth oder anderswo.
Leb wohl, liebster Freund, und sei recht herzlich gegrüßt von
deinem getreuen Wilh. Busch.