603. An Mina Kaulbach
603. An Mina Kaulbach
Wiedensahl 25. April 84.
Meine liebe Frau Kaulbach!
Wie lange ist's her, seit ich den hübschen Doppelbrief erhielt aus der Stadt der Nasallaute? Sechs Wochen? ein Datum steht nicht drauf; nur »Sonntag Nachmittag«; als ob sonst gar keine Maschine erfunden wäre, womit der gewißenhafte Mensch die Zeit zerhackt. Ja, schnell geht's hin. Wie kurze und lange Aale glitschen Einem die Stunden und Tage durch die Hand; mit listiger Geschicklichkeit besonders die, welche man bei angenehmen Leuten verlebte. Ich weiß schon, wen ich meine. – Und dann biegt dieser närrische Kerl auf den Seitenweg; weg von der fröhlichen Parthie; flegelt sich in's Haidekraut und vertieft sich in alte ernsthafte Schmöker. Mitlerweile nimmt das lustige Picknick ohne ihn seinen ungestörten Fortgang; er hört das Lachen von fern; es dämmert; er sieht mal nach; die Butterbröde sind alle.
Eine erkleckliche Maße Luft zwischen hier und Paris! Übrigens hat ja die Luftperspektive gerade etwas malerisch Reizendes; was mir, der ich der Verschönerung immer mehr bedarf, nur gut thun kann. Umgekehrt, wenn ich zu Ihnen und Fritz hinüberschau', dann ist mir so, als ob Sie noch grad so gut und freundlich gegen mich sein könnten, wie damals in München. Hoffentlich find ich Gelegenheit, dies mit gutem Erfolg noch bei Lebzeiten zu probiren.
Inzwischen couvertiren's mal wieder ein stets willkommenes Kritzelkratzel an Ihren allerallerergebensten
Wilh. Busch.