1303. An Johanna Keßler

1303. An Johanna Keßler


Mechtshausen 26. Juni 1901.


Liebste Tante!

Ich bin gestern recht angenehm heimgefahren. In Frankfurt stieg ein Herr ein, dem der fette Hals über den Kragen quoll. Schon in Gießen mußt er ein Glas Bier trinken, und als ich mir eine Halbe Deidesheimer geben ließ, wollte er natürlich auch eine haben, aber der Zug ging los, eh sie der Kellner ihm reichen konnte. Da mußt er denn trocken zusehn, wie ich gemächlich die Flasche leerte, nachdem ich vorher das mir von Ihnen gütigst verehrte Beafsteck verzehrt hatte. In Wilhelmshöhe, wo er ausstieg, wird er ja wohl um so gründlicher gefrühstückt haben.

Ich lege die gedruckte Anweisung über das hier beliebte Einkochen bei. Der genau auf den Gummirand gelegte Glasdeckel (früher Blechdeckel) wird von der verdünnten Luft im Glase angezogen und festgehalten, ohne daß noch ein Schraubenverschluß nöthig ist.

Leben Sie wohl, liebste Tante. Es war doch sehr gut bei Ihnen. Mit herzlichen Grüßen allerseits

Ihr alter

Onkel Wilhelm.

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