1568. An Letty Keßler
1568. An Letty Keßler
Mechtshausen 24. Dec. 1906.
Liebe Letty!
Der mollige Fußsack von der Mama, die schöne Weste von Dir und der Thee obendrein sollen mir, denk ich, sehr wohl bekommen. So sag ich denn euch beiden recht freundlichen Dank dafür.
Unsere drei Kinder hier, Martin, Ruth und Anneliese, sind freudig erregt, und brennt erst heut Abend der Baum, dann verschwindet in der herrlichen Gegenwart die sonstige Welt. – Wie sagt doch Jakob Böhme, der sinnreiche Schuster? "Weme ist Zeit wie Ewigkeit". Du kennst ja den Spruch. Schad, daß solch eine selige Versimpelung der Jugend später nur selten kommt und so eilig vorüber zieht.
Das Mechtshäuser Feld ist fein sauber mit Schnee bekleidet. Ein zarter Nebelschleier liegt vor Wäldern und Bergen.
Bald nun steigt das Jahr 1907 herauf. Geht's nach meinem Wunsch, so wird es euch allerlei Gutes bringen, Dir und der Mama und all deinen Angehörigen. Also wohlauf! bleibt muthig und gesund!
Und somit, liebe Letty, die herzlichsten Grüße vom
alten getreuen
Onkel Wilhelm.