1388. An Marie Hesse

1388. An Marie Hesse


Mechtshausen 30. Dec. 1902.


Meine liebe Frau Heße!

Es freut mich, aus Ihrem Briefe zu sehn, daß Sie glücklich wieder hergestellt sind.

1903 steht vor der Thür, um demnächst einzutreten. Möge das neue Jahr Ihnen recht viel Gutes bringen.

Ich selbst befinde mich wohl bis jetzt. Im Hause geht mir's nach Wunsch. Die drei Kinder sind wohl erzogen. Ihre Heiterkeit um den Christbaum herum, ihre nachträgliche Thätigkeit mit den Geschenken zum Handgebrauch, wie Martin hämmert, wie Ruth fleißig bügelt und Anneliese ihr Püppchen schleppt, das kann ich noch immer trotz meines Alters nicht ohne Theilnahme betrachten. Zu längst vergangenen Weihnachtstagen ziehen dann die Gedanken zurück, als das bescheidene Verlangen so leicht zu befriedigen war, während die kleine Phantasie sich obendrein rührte, das Angenehme noch mehr zu verschönen.

Unser Winter kam diesmal früh, scharf, unerwartet, sodaß wir die Rosen holterdipolter bedecken mußten, vielleicht schon zu spät. Nachher fiel Schnee in Menge. Es macht sich ja nicht übel, aber als alter Junge, find ich, thut man am besten, sich diese Herrlichkeit von der Stube aus behaglich rauchend zu betrachten.

An die Vögel draußen wird auch gedacht. Für die Meisen hat der Neffe allerlei Ampeln, ausgegoßen mit Talg und Sämereien, gegenüber den Fenstern in die Bäume gehängt, am Boden dagegen, sind Äpfel und Korinthen für die Schwarzdroßeln serviert. Das ist unser Wintertheater. Wie Sie sehn, sind nicht nur die Stadtleute vergnügungssüchtig.

Bleiben Sie gesund und munter, liebe Frau Heße. Herzliche Grüße von

Ihrem alten

Wilhelm Busch.


Neffe Otto läßt Sie gleichfalls recht freundlich grüßen.

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