[8] 20. Weihnachtsfest in Konstanz.
Schon mit dem Adventsanfange wurde den Kindern gesagt, daß, je mehr sie »Vaterunser« und »Ave Maria's« beteten, mit desto mehr würden sie vom Jesuskindlein beschenkt werden. Um die von ihnen gebeteten Rosenkränze u.s.w. richtig aufzeichnen zu können, schnitt man ihnen ein langes, viereckiges Holz, in welches die Kinder nach jedem Beten einen Einschnitt machten. Die fälschlich gemachten verbrannte das allwissende Jesuskind.
Das Singen verschiedener Leute vom Vorabend des Weihnachtsfestes bis auf das Fest der hl. drei Könige muß seinen Anfang vor undenklichen Zeiten genommen haben und dauerte bis in das Jahr 1786, in welchem manche alte Gebräuche abgeschafft wurden.
Am Vorabende vor Weihnachten sezten sich eine Menge junger und alter Leute in Bewegung und sangen, in Partien von zwei bis drei Personen vereinigt, verkleidet, von Abends 6-9 Uhr vor denjenigen Häusern, aus welchen sie für ihre Bemühung ein Geschenk zu erhalten hofften. So zog eine Partie nach der andern in der Stadt herum, bis jede die gewünschte Gabe erhalten hatte. Mancher Trupp sang Lieder vom Leben Jesu; manche Sänger hatten gute Stimmen und sangen Kriegslieder und schnackisches Zeug etc.; Knaben, kleine Mädchen und Studenten, welche nicht singen konnten, beteten das »Vater unser« oder das lateinische »Pater noster«.
Zu diesem Trosse von Menschen gesellten sich noch die sog. hl. drei Könige, meistens junge starke Bursche, junge Rebleute und Taglöhner. Dieselben legten über ihre Kleider [9] weiße Hemden, welche sie um den Leib festbanden, und waren mit Pelzmützen und großen Handschuhen von Fuchspelz versehen. Sie trugen an einer Stange einen großen, von Papier gemachten Stern, in welchem sich ein Licht befand. Dieser Stern konnte mittelst einer Schnur rasch umgedreht werden. Die dabei gehaltenen Gesänge waren meist religiös, oft aber auch scherzhafter Natur. Folgendes hörte man singen:
Oefters fügte es sich, daß 12, 18-20 Personen vor ein Haus an einem Abend kamen, um vor demselben zu singen, was für dessen Bewohner lästig war. Wollte man diesen Jüngern etwas geben, so wickelte man das Geld in ein langes Papier, zündete es am Lichte an und warf es zum [10] Fenster hinaus. Wo nicht, so klopften die Leute des Hauses sogleich am Fenster, ein Zeichen, daß sie weiter gehen sollten. Ließ man eine Partie lange auf die Gabe warten, so riefen die dabei befindlichen Personen in ziemlich rohem Tone:
In Augsburg mußten die armen Studenten noch im Jahre 1792 am Samstage vor jedem Hause, aus welchem sie Wohlthaten empfingen, mit einem Mantel angethan, ein deutsches Lied singen oder ein Vaterunser beten.